Frage an Wolfgang Wieland von Gerhard R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wieland,
Ihre Antwort vom 13.2.07 an Herrn Halfmann betr. Praxis der ev. Kirche in Berlin bei Kirchensteuern berührt auch den Datenschutz.
Aus dem Referentenentwurf zur Ankoppelung der Kirchensteuer an die Abgeltungssteuer - in Abgeordnetenwatch finden Sie dazu eine Anfrage an Herrn Sebastian Edathy vom 12.2.07 - ergibt sich:
Die automatische Abführung der Kirchensteuer ab 2011 wird mit der Einführung einer Datenbank beim Bundeszentralamt für Steuern ermöglicht, die es den Kreditinstituten erlaubt, auf elektronischem Wege festzustellen, ob ein Steuerpflichtiger Angehöriger einer Religonsgemeinschaft ist oder nicht.
Möglicherweise wird der Bundespräsident unter dem Eindruck von Einschüchterungsversuchen das Gesetz trotz der offensichtlichen Verfassungswidrigkeit unterzeichnen.
Trifft es zu, dass das von den Herren Ranner und Halfmann erwähnte Problem dann noch größer wird?
Wer verhindert, dass die Berliner Kirchensteuerpraxis auch von den Kreditinstituten übernommen wird?
Im Tagesspiegel vom 7.3.06 - nachlesbar unter htto://www.kirchensteuern.de, Stichwort Rasterfahndung - bezeichnete ein Anwalt das Verhalten der ev. Kirche in Berlin als skrupelloses Geschäftsgebaren.
Ist es vertretbar, dass staatliche Behörden diesen Skandal mitverursachen?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
zu Ihre Fragen kann ich Ihnen nach folgendes mitteilen: Das von den Fragestellern Ranner und Halfmann erwähnte Problem betraf die Feststellung der Religionszugehörigkeit durch die Finanzbehörden. Wenn Finanzinstitute ab Inkrafttreten der Neuregelung der Abgeltungssteuer 2011 in die Lage versetzt werden, die Religionszugehörigkeit automatisch und ungebeten abzufragen, könnte sich dieser von vielen Bürgerinnen und Bürgern ungewollte Automatismus der Kirchensteuerpflicht in der Tat verstärken.
Die Neuregelung der Abgeltungssteuer bringt aber noch das zusätzliche Problem mit sich, dass die Banken auf diese Weise über die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden informiert werden. Die Religionszugehörigkeit und auch die fehlende Zugehörigkeit zu einer Religion darf bei Finanzgeschäften aber keine Rolle spielen. Insofern betrachte ich den Datenaustausch insgesamt mit großem Mißtrauen und sehe die Datenschutzstandards bei der Abfrage derzeit als nicht erfüllt an.
Zur Verhinderung ungewollter Meldungen zur Kirchensteuer auf Grund einer nicht zutreffenden Angabe zur Religionszugehörigkeit ist es zumindest geboten, die Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich zu einer Einverständniserklärung aufzufordern und sie umfänglich über die damit einhergehende Steuerpflicht zu informieren. Diese Informationspflicht träfe die Finanzinstitute.
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Wieland