Frage an Wolfgang Wieland von Reinhard S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Wieland,
ich habe zu der von Ihnen eingebrachten Regulierung des privaten Waffenbesitz folgende Fragen:
1. Was wollen Sie gegen den illegalen Waffenbesitz unternehmen, von dem laut BKA-Statistik 98 % der Straftaten mit Waffeneinsatz ausgeht? Ihre Initiative kann nur 2 % der Straftaten mit Waffen reduzieren.
2. Wenn es Ihnen - wie in der Begründung aufgeführt - um Verhinderung von Amokläufen geht, würde ich gern wissen wollen, was Sie gegen die Amokläufe mit Messern, Brandsätzen und wie bereits sehr häufig geschehen mit Kraftfahrzeugen unternehmen wollen?
3. Ich übe im unmittelbarem Umfeld meines Wohnsitzes die Jagd aus. Laut Pos. 1 Ihres Reformentwurfs müssen künftig Jäger vor dem Ansitz z.B. in die nächste Kreisstadt fahren - bei mir etwa 18 km, hin und zurück also 36 km - dann zur Jagd gehen und anschließend die Waffe wieder zurück bringen. Ergibt 2 x 36 km = 72 km. Für einen Morgen- und Abendansitz zusammen 144 km am Tag.
Pro Jahr ereignen sich ca. 230.000 Wildunfälle. Ich werde mehrfach im Jahr von der Polizei oder Anwohnern zur Nachsuche nach verletztem Wild gerufen. Künftig muss ich also erst 36 km hin und her fahren, ehe die Qualen des Tieres beendet werden können.
Die Waffenstation muss allein wegen vorstehender Beispiele täglich 24 Stunden zugänglich sein. Darüber hinaus müsste sie festungsähnlich ausgerüstet und von mehreren Wachposten geschützt werden, schließlich sind bereits Waffendepots der Bundeswehr ausgeraubt worden.
Wie wollen Sie künftig die Jagdausübung gewährleisten?
Wer soll den riesigen Aufwand für das Waffendepot bezahlen?
4. Pos 3 und 4 Ihres Vorschlags richten sich gegen die Munitionsstärke. Wie verträgt sich Ihr Vorschlag mit § 19 des Bundesjagdgesetz, wonach zur Erlegung von Wild von den Patronen eine Mindestenergie gefordert wird?
Kann es sein, dass Ihre Initiative einer schöngeistigen Ideologie folgend, nicht zu Ende gedacht formuliert wurde?
Reinhard D. Schulz
aus Bückchen in Märkische Heide
Sehr geehrter Herr Schulz,
ich danke Ihnen für Ihre Zuschrift vom 24.12.2011.
Auch uns ist klar, dass bestimmte Personen Waffen zuhause bereithalten müssen. Das gilt für Jäger, die in der Nacht gerufen werden, um beispielsweise ein schwer verletztes Wild zu erschießen. Das gilt auch für den kleinen Kreis gefährdeter Personen, die auf Waffen angewiesen sind. Aber müssen Sportschützen zwingend schussbereite Waffen bei sich zuhause aufbewahren? Für Sportschützen ist doch allein entscheidend, dass ihr Sportgerät dort funktionsfähig ist, wo sie ihren Sport gemäß Sportordnung ausüben. Wie man dies technisch umsetzt, wollen wir gerne gemeinsam mit den Schützenverbänden ausloten. Unser Vorschlag einer getrennten Lagerung von Schusswaffe und Munition - entweder Waffe oder Munition zuhause, nicht beides - ist dabei nur eine von mehreren Möglichkeiten. Die moderne Mikrochip- und/oder Ortungstechnik (GPS) bietet hier die eine oder andere praktikable Lösung. Im Ergebnis kommt es uns darauf an, dass keine Person außer dem rechtmäßigen Besitzer von der jeweiligen Waffe Gebrauch machen kann, unabhängig davon, ob Munition vorhanden ist oder nicht.
Auch wir Grüne gehen davon aus, dass die weit überwiegende Mehrheit aller Sportschützen, Jäger und sonstiger legaler Waffenbesitzer zuverlässig und verantwortungsvoll mit ihren Waffen umgehen. Mit der persönlichen Zuverlässigkeit der Schützen selbst ist es aber leider nicht getan, wenn man den Missbrauch von Schusswaffen verhindern will. In den meisten Haushalten leben auch andere Menschen - mit ihren oftmals nicht einmal in der Familie bekannten Problemen. Hinzu kommt ein nicht immer kontrollierbares Umfeld, in dem jede und jeder von uns lebt. Und leider gibt es auch immer wieder folgenschwere Einzelfälle, in denen Schützen bzw. Jäger selbst ihre Waffe missbrauchen. Diese zu verhindern sollte in unser aller Interesse sein. Dass zu diesem Zweck ein sehr striktes Reglement erforderlich ist, liegt in der Natur der Sache: Das Sportgerät der Schützen bringt nun einmal eine besondere Gefährlichkeit für das Leben und die körperliche Unversehrtheit mit sich. Hier liegt der Unterschied zu anderen Sportarten, den ein verantwortungsbewusster Gesetzgeber berücksichtigen muss. Es geht hier nicht um persönliches Misstrauen gegenüber Schützen oder eine Abneigung gegenüber dem Schießsport, sondern allein um die Gefährlichkeit des Sportgerätes. Wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit hat, diese Gefährlichkeit auf ein Minimum zu reduzieren, muss er dies zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit tun.
Auch hier gilt selbstverständlich: Hundertprozentigen Schutz vor Waffenmissbrauch kann es nicht geben. Dafür sind allein viel zu viele illegale Waffen im Umlauf. Wenn man aber zumindest den tödlichen Missbrauch legal erworbener Waffen weitgehend ausschließen kann, ist schon viel gewonnen. Insbesondere wenn man bedenkt, dass die weit überwiegende Anzahl der Todesopfer durch Schusswaffengebrauch auf legalen Waffenbesitz zurückzuführen sind. Laut Kriminalstatistik sind gestohlene oder originär illegale Waffen bei Verbrechen mit tödlichem Ausgang nur vereinzelt im Spiel.
Dass illegaler Waffenbesitz entschieden bekämpft werden muss, steht für uns außer Zweifel. Unter anderem auch aus diesem Grund sehen wir Grüne Kürzungen im Personalbereich der Polizei und Sicherheitsbehörden äußerst kritisch. Illegale Waffen können nur dann verstärkt aus dem Verkehr gezogen werden, wenn die Behörden personell so aufgestellt sind, dass man nicht nur auf vereinzelte Stichproben oder sonstige Zufallsfunde angewiesen ist. In diesem Zusammenhang wäre auch ein präzise geführtes nationales Waffenregister nützlich, dessen Einrichtung wir schon seit langem fordern.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Wolfgang Wieland, MdB