Frage an Wolfgang Wieland von Tino S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Wieland,
§ 21 des Bundesministergesetzes (BMinG) erhielt durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Bundesministergesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2018) die neuen Absätze 3 und 4.
Auf dieser Grundlage stehen nunmehr den Mitgliedern des Ministerrats der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die diesem im Zeitraum ab dem 12. April 1990 angehört haben (= Kabinett de Maiziere), Versorgungsbezüge nach dem Bundesministergesetz zu.
Anlaß zur Kritik an dieser Gesetzesnovelle ergab sich unter anderem daraus, daß ein Teil der Mitglieder des Kabinetts de Maiziere bereits der DDR-Nomenklatura angehört hatte oder / und unter dem Verdacht der Zusammenarbeit mit dem MfS stand bzw. noch immer steht. Hier ist insbesondere Prof. Dr. Kurt Wünsche zu nennen, der nicht nur vom 13. Januar bis zum 16. August 1990 sondern auch schon 1967 (als Nachfolger der berüchtigten Hilde Benjamin) bis 1972 Justizminister
der DDR war. Somit käme nunmehr ein Mann in den Genuß von
Versorgungsbezügen auf der Grundlage des Bundesministergesetzes, der zuvor für das politische Strafrecht der DDR und damit für die vieltausendfache rechtsstaatswidrige Verfolgung und Inhaftierung Andersdenkender und Ausreisewilliger verantwortlich war.
Des weiteren haben manche der Mitglieder des Ministerrates diesem nur wenige Wochen oder gar nur Tage angehört, wobei das Gesetz hier keinerlei Differenzierungen vornimmt.
Was halten Sie von diesem Vorgang ?
Gibt es bereits erste Erfahrungen bei der Umsetzung dieser Gesetzesnovelle ?
Mit freundlichen Grüßen
Tino Stephan
Sehr geehrter Herr Stephan,
Ihre Frage ist richtig und wichtig. Denn das Ministergesetz ist nicht zu Ende gedacht. Dass die ersten demokratisch gewählten Minister endlich eine Versorgung erhalten ist grundsätzlich in Ordnung, denn sie haben sich verdient gemacht und teilweise lebten sie mit ganz geringfügigen Einkommen. Dass allerdings ehemalige Stasi-Zuträger und hochrangige Entscheidungsträger aus Partei und Regierung versorgt werden, ist hochproblematisch.
Gesetzlich können Wünsche und Co aus dem Kreis der Begünstigten aber nicht ohne weiteres ausgenommen werden. Rentenrecht soll kein Mittel der Politik mit anderen Mitteln sein, sagen uns die Gerichte und daran muss sich die Politik halten.
Der Kompromiss, den das Gesetz geht, ist allerdings windelweich. Nur wer gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, kommt nicht in den Genuss dieser Regelung. Das sind sehr hohe Hürden. Man hätte auch unwürdige Regierungsmitglieder vom Versorgungsbezug ausnehmen können.
Wie viele der Schreibtischtäter unter aktuelle Regelung fallen, ist mir leider nicht bekannt. Ich habe Ihre Frage zum Anlass genommen, bei der Bundesregierung mit einer schriftlichen Frage nachzuhaken. Bislang gibt sie sich bedeckt. Eine konkrete Frage nach dem Justizminister Kurt Wünsche hat die Bundesregierung zuletzt am 29. Mai 2009 nicht beantworten wollen.
In zwei bis drei Wochen sollte die Antwort der Bundesregierung vorliegen. Wären Sie so freundlich, dann nochmals nachzufragen, damit ich Ihnen die Antwort zukommen lassen kann?
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Wieland