Frage an Wolfgang Wetzel von Fabia B. bezüglich Bildung und Erziehung
Das Bildungsniveau unserer Kinder ist für unseren künftigen Wohlstand verantwortlich. Die Schulen müssen mit Testkonzept offen bleiben auch bei höheren Inzidenzwerten! Wie werden Sie bei der Notbremse zu den Regelungen der Schulschließungen abstimmen?
Sehr geehrte Frau Braungard,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
An der Abstimmung vergangene Woche konnte ich persönlich aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen, aber meine Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat sich bewusst für eine Enthaltung entschieden. In verschiedenen inner- und intrafraktionellen Gremien haben wir intensiv debattiert und die Argumente eingehend abgewogen. Mit der Enthaltung zum Entwurf bekräftigen wir unsere fortbestehende Bereitschaft, an wirksamen, verfassungsfesten, absehbar notwendigen Regelungen mitzuwirken. Gerne möchte ich Ihnen im Folgenden die Beweggründe für die Enthaltung der Grünen erläutern.
Die dritte Corona-Welle ist nicht gebrochen. Die pandemische Lage bleibt besorgniserregend. Bei uns in Südwestsachsen sind die Krankenhäuser wieder sehr voll und das Personal überlastet. Sehr spät legte die Koalition einen Gesetzentwurf vor, der die Antwort auf die deutlich gestiegenen Infektionszahlen geben soll. Dass sich das Parlament endlich mit diesen Fragen befasst hat, war lange überfällig. Eine gesetzliche Regelung zu treffen ist aber kein Selbstzweck.
Grundsätzlich kann man festhalten: Der Effekt strengerer Regeln bleibt fragwürdig, sofern ihre Umsetzung nicht garantiert werden kann. Dazu bedürfte es an Kontrollen, die es in der Fläche weder bislang gab, noch die zu gewährleisten wären.
Die Inzidenzwerte müssen runter, ohne Frage. Doch während der Gesetzentwurf sich weiterhin sehr stark am Privatbereich orientiert, fehlen geeignete Maßnahmen für den Arbeitsbereich. Während es für den Schulunterricht eine Tests-Pflicht gibt, gibt es sie nicht für Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen, die nicht im Homeoffice arbeiten können. Das erscheint nicht fair.
Wichtig wäre es auch gewesen, klar zu formulieren, dass das Kindeswohl eine hohe, besondere Hürde für Einschränkungen für Kinder oder die Schließung von Schulen oder Kitas sein muss. Kinder und Jugendliche brauchen den Kontakt zu anderen Kindern. Kontakt- oder Reisebeschränkungen müssen den Verfassungsrang von Familie, Ehe und Partnerschaft respektieren. Dem widerspricht, dass Schulen ab einem Inzidenzwert von 165 der Präsenzunterricht untersagt wird, ein Wert, der nirgends begründet wird, nicht begründet werden kann und von allen anderen Schwellenwerten abweicht. Damit wird weder dem Recht auf Bildung, noch dem Recht auf Verhältnismäßigkeit und auf Transparenz ausreichend Rechnung getragen.
In der Corona-Pandemie wurden die Bedarfe junger Menschen bislang viel zu wenig berücksichtigt. Wir wollen, dass auch junge Menschen gut durch die Krise kommen und schlagen dafür in unserem Antrag „Jugend in der Krise – Perspektiven für junge Menschen in Zeiten der Covid-19-Pandemie“ verschiedene Maßnahmen vor: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/278/1927825.pdf.
Wir sind alle müde von den Einschränkungen und dem Verzicht. Viele Menschen haben Angehörige und Freunde verloren. Die Energie schwindet und wir brauchen wieder Zuversicht, dass wir das bald alles hinter uns haben werden. Das können wir aber alle nur gemeinsam und solidarisch schaffen! Letzten Endes liegt es an jedem und jeder Einzelnen von uns wie sich diese Pandemie weiterentwickelt und nicht einzig und allein an Gesetzen. Nach wie vor verbreitet sich das Corona-Virus durch Kontakte, nicht nur auf der Arbeit, sondern sehr stark auch im privaten Bereich. Somit müssen wir uns alle auch weiterhin unserer Eigenverantwortung besinnen, uns in Zurückhaltung üben, auch wenn es mit der Zeit immer schwerer fällt, und allen voran solidarisch, achtsam und gut mit einander umgehen, damit auch unsere kleinen Mitbürger*innen, die sich so lange so tapfer geschlagen haben, endlich wieder einfach Kinder sein können.
Mit besten Grüßen
Wolfgang Wetzel