Frage an Wolfgang Wetzel von Wilfried M. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Wetzel,
mich interessiert, was Sie angesichts der bekannt gewordenen Probleme mit der sächischen Justiz zu tun gedenken für den Fall, Sie sollten Justizminister werden, zumindest in das Parlament kommen.
Würden Sie z.B. dafür sorgen wollen, daß die Verhandlungen bei den Gerichten dem Stand der Technik entsprechend vollständig audiovisuell dokumentiert werden müßten vielleicht im Rahmen eines sächischen Pilotprojekts(1)?
Was spräche evtl. doch dagegen?
Mich interessiert auch, ob Sie sich (z.B. veranlasst durch die publik gewordenen Vorgänge um eine Werdauerin, (2)) für die Einführung fälschungssicherer Akten in Justiz und Verwaltung einsetzen würden.
Glauben Sie, daß man Mitarbeitern 2019 noch die Gelegenheit geben sollte, Akten einfach zu schreddern (3)?
Können Sie sich vorstellen, daß Aktensperrung über 120 Jahre (4) mit dem überwiegenden Wählerwillen in Einklang zu bringen ist?
Wie muß sich der Wähler fühlen, wenn er für oder gegen ein politisches Projekt abstimmt und dann die Geschäfte in Hinterzimmern ablaufen (5)?
Mit freundlichen Grüßen
Dipl. med. W. M.
Anti-Korruption . Reformation 2014 e.V.
1) Dr. iur. Gysi scheinen keine Argmente gegen solche Vorhaben eingefallen zu sein: https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/dr-gregor-gysi/question/2016-12-05/274033
2) z.B. WSZ vom 20.6. und 18.5.19 https://wsz-online.blogspot.com/2019/06/urkundenfalschung-verdachtigte.html bzw. https://wsz-online.blogspot.com/2019/05/amtsgericht-zwickau-staatsanwaltschaft.html
3) https://www.welt.de/politik/deutschland/article174944754/NSU-Verfahren-um-Akten-Vernichtung-nach-Geldauflage-eingestellt.html
4) https://www.sueddeutsche.de/politik/nsu-prozess-leise-rieselt-der-staub-1.3570171
5) http://www.dtoday.de/startseite/wirtschaft_artikel,-Journalisten-Verband-fordert-von-Scheuer-Veroeffentlichung-der-Maut-Vertraege-_arid,672928.html
Sehr geehrter Herr M.,
Vielen Dank für Ihre Fragen. Lassen Sie mich vorausschicken, dass ich weder Berufs- noch Justizpolitiker bin; ich bin auch kein Jurist. Ich strebe auch kein Regierungsamt als sächsischer Justizminister an. Ich bin aktuell Direktkandidat ohne Listenplatz für Bündnis´90/DIE GRÜNEN im Wahlkreis 8 zur sächsischen Landtagswahl.
Auch in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft mit unabhängiger Justiz und freier Medienberichterstattung ist Korruption nicht unmöglich; ich erinnere z.B. an die bis heute nicht gänzlich aufgeklärte „Sachsensumpf-Affäre“ von 2007. Im Wesentlichen funktionieren Rechtsstaat, Gewaltenteilung und demokratische Kontrolle in Sachsen jedoch nicht schlechter als im übrigen Bundesgebiet - und damit so gut wie in nur wenigen Ländern der Erde. Es ist u.a. Aufgabe der politischen Opposition, der freien Medienberichterstattung und demokratiepolitischer Initiativen wie abgeordnetenwatch.de oder lobbycontrol.de , Korruption und Interessenskonflikte dort öffentlich zu machen, wo es Regierungspolitik nicht tut.
Die Justiz ist in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft grundsätzlich unabhängig, auch und gerade von politischer Einflussnahme. Um Ihre Frage nach verbesserter Fälschungssicherheit von Justizakten beantworten zu können, fehlen mir Fachwissen und Einblick in die Abläufe der Justizverwaltung. Wäre es so, dass der sächsischen Justiz diesbezüglich tatsächlich relevante oder sogar systematische Regelverstöße nachgewiesen würden, dann wären verbesserte technische Vorkehrungen gegen solche Verstöße als eine von mehreren Maßnahmen sicherlich notwendig.
Im Fall der von Ihnen erwähnten Werdauerin gehe ich davon aus, dass die Frau einen sehr bedauerlichen, zivilrechtlichen Leidensweg hinter sich hat und anwaltlich schlecht beraten wurde. Weitere Einschätzungen dazu erlaube ich mir nicht, weil ich dazu nicht über die erforderlichen Möglichkeiten für eine objektive Beurteilung verfüge. Die diesbezüglichen Vorwürfe an die sächsische Justiz las ich selbst nur in nicht seriösen Publikationen und in einem Internet-Blog, der erkennbar verschwörungstheoretischen und paranoiden Charakter trägt. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich mich deshalb mit einer Einordnung zurückhalte.
Ihre Frage zum 120-Jahre-Verschluss von Akten bezieht sich öffentlich auf die NSU-Affäre. Mit der Sperrung dieser Akten bin ich überhaupt nicht einverstanden. Diese Causa unterstreicht die Forderung von Bündnis´90/DIE GRÜNEN, dass Bundesverfassungsschutz und Landesverfassungsschutzämter grundsätzlich neu strukturiert und zu einer wirklichen Terrorabwehrbehörde umgebaut werden müssen, die demokratisch ausreichend kontrolliert wird.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Wetzel