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Frage von Frank T. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Frank T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,

ich habe im Zuge der Einführung der Vorratsdatenspeicherung mit großer Freude die hervorragende Arbeit des Bundesverfassungsgerichtes verfolgt und nehme nun mit Verwunderung zur Kenntnis, daß Sie offensichtlich Probleme mit dieser in 60 Jahren bewährten Institution des Rechtsstaates haben, obwohl Sie eine Überprüfung des Gesetzes in einer Antwort vom 13.1.2009 selbst anregen. Mit ebensolcher Sorge beobachte ich den Vorstoß Ihrer Kollegin von der Leyen in Richtung des "chinesischen Weges" zur Zensur des Internets, bei dem auf die Schaffung einer tragfähigen und überprüfbaren gesetzlichen Grundlage verzichtet wird und stattdessen Provider mit dem Schmuddelthema Kinderpornografie unter Druck gesetzt werden. Während Sie in einer Antwort vom 6.4.2009 die Suche nach Feinden der Demokratie innerhalb des Staates im Jahre 2009 als "absurd" bezeichnen, finde ich das Thema nach wie vor zeitlos.

Neben den verfassungsrechtlichen Bedenken stellt sich angesichts zunehmender Internetkriminalität jedoch auch die Frage der Datensicherheit. Die in §113a TKG behandelten Daten sind sensibler Bestandteil der Privatsphäre, ebenso wie weitere Datensammlungen, etwa durch Einwohnermelde- oder Finanzämter. Gefahren sehe ich u.a. durch die Verwendung von Windows-Betriebssystemen in der behördlichen EDV, diese sind "closed source" und eine Nachvollziehbarkeit des stattfindenden Datenverkehrs ist de facto nicht gegeben. Beim Beispiel ELSTER sehe ich mit Sorge, daß die Verarbeitung besonders sensibler Daten (ESt-, USt- und GewSt-Erklärung), nur von Windows-spezifischen Schnittstellen unterstützt wird, nicht aber von Schnittstellen für Linux, das als Open-Source-System zumindest die Nachvollziehbarkeit der Datenverarbeitung gewährleisten könnte.

Mit welchen Richtlinien und Standards regelt der Gesetzgeber die sichere Verarbeitung der Daten, deren elektronische Erhebung er hier erzwingt?

Mit freundlichem Gruß,
Dipl. Inf. Frank Theiß

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Sehr geehrter Herr Theiß,

leider führt die Berichterstattung über Themen der inneren Sicherheit zuweilen zu Mißverständnissen. Beispielsweise bin gar nicht ich, sondern meine Kollegin, Justizministerin Zypries, für die Vorratsdatenspeicherung zuständig.

Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit fallen dagegen zum großen Teil in meine Zuständigkeit. So erarbeitet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Richtlinien und Standards für die sichere Verarbeitung von Daten. Es veröffentlicht hierzu technische Richtlinien sowie die BSI-Grundschutz-Kataloge und die BSI-Standards. Damit werden allen, die mit dem Aufbau oder der Absicherung von IT-Systemen zu tun haben, unentgeltlich die notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, um angemessene IT-Sicherheitsmaßnahmen zu realisieren. Insbesondere existiert mit dem IT-Grundschutz eine ganzheitliche Methode, dem Stand der Technik entsprechende Sicherheitsmaßnahmen zu identifizieren und umzusetzen. Die Standards werden auf der Internetseite des BSI veröffentlicht. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter http://www.bsi.bund.de .

Für die Bundesverwaltung existiert mit dem "Umsetzungsplan für die Gewährleistung der IT-Sicherheit in der Bundesverwaltung" (UP Bund) eine vom Bundeskabinett beschlossene verbindliche IT-Sicherheitsleitlinie. Darin sind technische, organisatorische und prozessuale Standards für die Bundesverwaltung festgeschrieben, die in allen Behörden der Bundesverwaltung durch angemessene IT-Sicherheitsmaßnahmen realisiert werden.

Darüber hinaus ist der Schutz personenbezogener Daten auch auf gesetzlicher Ebene, insbesondere durch die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes, des Telekommunikationsgesetzes und des Strafgesetzbuches geregelt. Ergänzt werden diese allgemeinen Regelungen durch spezifische Anforderungen in den Gesetzen, die die Verarbeitung besonders sensibler Daten regeln, etwa in der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung für die elektronische Steuererklärung.

Abschließend möchte ich auf meine Beantwortung auf die Frage von Herrn Schlosser ( http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_wolfgang_schaeuble-650-5664--f171843.html#frage171843 ) zum Thema Kinderpornographie verweisen. Das was Sie als "Schmuddelthema" bezeichnen, ist die übelste Form des Mißbrauchs von Kindern. Mir ist unverständlich, wieso der Versuch diesen perversen Markt im Internet weiter zurückzudrängen, mit dem Begriff Zensur verunglimpft wird. Das Internet kann kein rechtsfreier, anarchischer Raum sein. Bei aller Freiheitsliebe muss es auch hier Grenzen geben - gerade wenn es um den Schutz von Kindern geht.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble