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Frage von Wolfgang S. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Wolfgang S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble !

Ich habe einige Fragen, aber beantworten Sie bitte nur die, die Sie für wichtig genug halten: Wie hoch muss die Verdachtswahrscheinlichkeit sein, um eine Hausdurchsuchung zu rechtfertigen? Wenn z.B. bei jemandem mit 30%-iger Wahrscheinlichkeit Kinderpornografie vermutet wird, sollte dann seine Wohnung durchsucht werden? Gibt es Statistiken darüber, wieviele Hausdurchsuchungen stattfinden, und bei wievielen davon sich der Verdacht bestätigt?

In letzter Zeit sind im Internet angebliche „Zensurlisten“ aufgetaucht, also Listen von Domains, die in verschiedenen Ländern gesperrt sind aufgrund von Regelungen, wie sie auch hierzulande aktuell angestrebt werden. Glauben Sie, dass die deutsche Sperrliste geheimgehalten werden kann? Halten Sie es für möglich, die bereits im Internet veröffentlichten Listen für durchschnittliche Internetteilnehmer unzugänglich zu machen? Streben Sie dies an?

Verstehe ich es richtig, dass Sie versuchen, die anonyme Kommunikation von Straftätern über Internet unmöglich zu machen? Nun ist ein Informationsaustausch (und z.B. die Verbreitung von Kinderpornografie) doch trotzdem anonym möglich, indem Datenträger mit der Post versendet werden. Sollte nicht konsequenterweise auch der anonyme Versand von Datenträgern verboten werden? Wenn nicht, welcher Unterschied zwischen Postweg und Internet begründet diese unterschiedliche Behandlung?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schwarz,

eine Hausdurchsuchung bei einem Verdächtigen ist gemäß § 102 der Strafprozeßordnung zulässig, wenn zu vermuten ist, dass sie zum Auffinden von beschlagnahmefähigen Beweismitteln oder Spuren führen wird oder der Verdächtige ergriffen werden kann. Die Vermutung muss auf Anhaltspunkten gründen und nach kriminalistischer Erfahrung berechtigt sein, ohne dass sich insoweit eine feste prozentuale Wahrscheinlichkeitsschwelle benennen ließe. Eine Statistik zu den durchgeführten Maßnahmen wird seitens der Strafverfolgungsbehörden nicht geführt.

Ziel der von Ihnen im Weiteren angesprochenen Initiative der Bundesregierung zur Bekämpfung der Kinderpornographie ist es, neben dem Schutz der Opfer und dem Schutz vor erneuter Viktimisierung den kommerziellen Massenmarkt für Kinderpornographie im Internet empfindlich zu stören und ein weiteres klares gesellschaftliches Signal zur Ächtung von Kinderpornographie zu setzen. Internetseiten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, dürfen nicht frei zugänglich sein. Die Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten im Internet hat vor allem präventiven Charakter und flankiert andere Maßnahmen, insbesondere der Strafverfolgungsbehörden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Internetzugangsanbieter verpflichtet werden, den Zugang zu Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten, die auf einer Liste des Bundeskriminalamts aufgeführt sind, zu erschweren.

Die Listen der zu sperrenden Telemedienangebote mit kinderpornographischen Inhalten sind dabei gegenüber unbefugter Weitergabe zu schützen. Die derzeit diskutierte gesetzliche Regelung einer Sperrverpflichtung verlangt von den Diensteanbietern, die Liste gegen die unbefugte Kenntnisnahme Dritter zu sichern. Die Veröffentlichung einer Liste kann überdies ggf. als Versuch gewertet werden, Kinderpornographie zugänglich zu machen und unterliegt damit den betreffenden Strafvorschriften.

Der Nutzer wird einen Hinweis erhalten, aus welchem Grund der Zugang zur Internetseite verwehrt wird und an welche Stelle er sich wenden kann, wenn er mit der vorgenommenen Zugangserschwerung nicht einverstanden ist. Schon hieraus ergibt sich, dass die Sperrung einer Webseite keine "heimliche" Maßnahme ist und somit auch öffentlich bekannt werden kann.

Die Anonymität im Internet darf nicht dazu genutzt werden, um unerkannt Straftaten zu begehen. Dazu ist es aber nicht notwendig, eine anonyme Kommunikation im Internet unmöglich zu machen. Ihr Beispiel zeigt ja gerade, dass wir schon in den Jahren bevor das Internet existierte, mit grundgesetzlich geschützter anonymer Kommunikation auf den Post- und Fernmeldewegen umzugehen hatten und dabei trotzdem eine erfolgreiche Strafverfolgung gewährleisten konnten. Artikel 10 unseres Grundgesetzes schützt das Brief und Fernmeldegeheimnis jedoch nicht ohne Schranken. Besteht der Verdacht, dass eine Person schwere Straftaten begangen hat, kann dieses Grundrecht durch gerichtliche Anordnung für die Person eingeschränkt werden.

An diesem bewährten Prinzip muss auch im Internet festgehalten werden, wobei die technische Entwicklung des Internets auch neue Techniken auf Seite der Strafverfolgungsbehörden erfordert.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble