Frage an Wolfgang Ressmann von Hans-Jürgen H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Ressmann,
wir möchten Sie noch einmal auf diesem Wege um eine Stellungnahme bitten.
Im letzten Jahr unterzeichnete das Kultusministerium RLP ein Kooperationsabkommen mit der Bundeswehr. Durch diesen Vertrag wird der Zugang der Bundeswehr zu SchülerInnen weiter verbessert. Dabei werden ganze Unterrichtseinheiten von Bundeswehrsoldaten übernommen. Zudem sind Jugendoffiziere der Bundeswehr berechtigt, LehrerInnen fort- und ReferendarInnen auszubilden.
Mit der landesweiten Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr“ setzen wir uns für eine Rücknahme dieser, an Öffentlichkeit und Parlament vorbei unterzeichneten Vereinbarung ein. Wir wenden uns nicht gegen politische Aufklärung. Diese ist essentiell notwendig um gerade jungen Menschen eine differenzierte Sicht auf politische Vorgänge zu ermöglichen. Bildungsarbeit gehört aber in die Hände von PädagogInnen. SoldatInnen sind nicht für die Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen zuständig oder geeignet, da so die Ansichten der Bundeswehr in den Rang regulärer Lehrinhalte erhoben werden und viele SchülerInnen und ReferendarInnen nicht mehr kritisch distanziert mit den vermittelten Informationen umgehen. Den Widerspruch des Abkommens zu Schulgesetz, Beutelsbacher Konsens und UN-Kinderschutzkonvention haben die Trägerinnen der Kampagne u.a. dem Petitionsausschuss des Landes ausführlich dargelegt. siehe auch: http://www.schulfrei-fuer-die-bundeswehr-rlp.de
Ihre Position zum Kooperationsabkommen mit der Bundeswehr stellt für uns einen wichtigen friedenspolitischen Wahlprüfstein dar. Welche Meinung vertreten Sie zum Thema Bundeswehr an Schulen? Sind Sie bereit unsere Kampagne zu unterstützen?
Weitere wichtige Fragen sind für uns ihre Position zu den Atomwaffen in Büchel und den Kriegsflughäfen Ramstein und Spangdahlem – wir fordern den Abzug der Atomwaffen und eine aktive Abrüstungs- und Konversionspolitik – wie stehen Sie dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Seckler + Hans-J. Hemmerling(Friedensinitiative NW)
Sehr geehrter Herr Hemmerling, lieber Hans-Jürgen,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 7.2.2011 zu den Frage des Kooperationsabkommens zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und der Einsatz von Jugendoffizieren der Bundeswehr an rheinland-pfälzischen Schulen, die ich gerne beantworte.
Sicherlich sind wir uns darin einig, dass die Bundeswehr ein integralen Bestandteil unseres demokratischen Gemeinwesens ist. Gleichzeitig gehe ich davon aus, dass wir die Haltung teilen, dass Schule zu friedlichem Miteinander erziehen muss. Darin sehe ich keinen Widerspruch:
Schülerinnen und Schüler zu gewaltfreiem Zusammenleben und zur verpflichtenden Idee der Völkergemeinschaft zu erziehen, ist eine zentrale Aufgabe von Schule und ist prominent im rheinland-pfälzischen Schulgesetz festgehalten. Diese Aufgabe ist eine fächerübergreifende Querschnittsaufgabe.
Deshalb befürworte ich die von der rheinland-pfälzischen Landesregierung getragenen gewaltpräventiven Programme und die begleitenden demokratiepädagogischen Maßnahmen.
Was die Gewaltprävention angeht, so geht es sowohl in den staatlichen wie in den nichtstaatlichen Programmen darum, die Kinder und Jugendlichen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen, ihre Kommunikationsfähigkeit und ihre Fähigkeit, in Gruppen zu agieren, zu entwickeln. So sollen sie zu kritischem Denken, Selbstverantwortung und konfliktlösenden Verhaltensweisen erzogen werden. An diesen Programmen, die seit 1994 angeboten werden, haben inzwischen über 1000 Schulen teilgenommen.
Im Bereich der Demokratiepädagogik wurde nach Ablauf des Programms der ehemaligen Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung "Demokratie lernen und leben" die rheinland-pfälzische Koordinierungsstelle "Demokratie lernen und leben" eingerichtet, die die Förderung demokratischer Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler und die Entwicklung einer demokratischen Schulkultur zur Aufgabe hat. Darüber sollen die Schülerinnen und Schüler Demokratie als Lebensform und die damit einhergehenden Werte und Normen erfahren.
Gewaltprävention und Demokratieerziehung sind bildungspolitische Schwerpunkte in Rheinland-Pfalz. Flankiert werden unsere diesbezüglichen Maßnahmen durch Angebote der politischen Bildung von außerschulischen Partnern. Die Jugendoffiziere sind dabei ein Partner unter vielen. Ich unterstütze den Anspruch der Landesregierung, das außerschulische Angebot an Schulen möglichst vielfältig zu gestalten, und mit unterschiedlichsten Partnern zu kooperieren. Zu erwähnen sind hier exemplarisch die Kirchen, die Aktion Tagwerk e.V., das Netzwerk für Demokratie und Courage, Schule ohne Rassismus, Kumulus e.V., die Liga der Wohlfahrtsverbände, der Internationale Bund oder der Arbeiter-Samariter-Bund. Darüber hinaus ist eine noch intensivere Zusammenarbeit mit den Kirchen und Anbietern von Zivil-, Friedens- oder Entwicklungshilfediensten geplant.
In einer aufgeklärten und demokratischen Gesellschaft ist es nach meiner festen Überzeugung notwendig, verschiedene und sich im Zweifel auch widersprechende Haltungen anzubieten. Ich bin der Überzeugung, dass dieses vielfältige Angebot der Mündigkeit von Schülerinnen und Schülern zuträglich ist, und traue den jungen Menschen zu, selbstbestimmt und eigenständig eine Meinung zu entwickeln.
Dabei agiert die Landesregierung selbstverständlich im Sinne des Beutelsbacher Konsenses. Die Jugendoffiziere sind als außerschulische Partner in Schulen und halten keinen Unterricht. Dabei obliegt es den Lehrenden, die Arbeit mit den Jugendoffizieren im Unterricht vor- und nachzubereiten.
Vor diesem Hintergrund steht die Vereinbarung mit den Jugendoffizieren in Rheinland-Pfalz.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Ressmann