Frage an Wolfgang Kubicki von Henning P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Kubicki,
welche Freiheit kann ein Arbeitsloser genießen, der sich nicht mal eine Fahrt innerhalb Deutschlands leisten kann?
So sehe ich auch die FREIzügigkeit in Europa und andere Liberalisierungen sehr kritisch. Da ich krank bin, finde ich kaum mehr einen Job.
Bei Focus heißt es:
"Arbeitsmarktforscher sehen auch für das Jahr 2014 keine Anzeichen für einen neuen Job-Boom in Deutschland.
Die Arbeitslosigkeit werde im kommenden Jahr allenfalls leicht sinken, geht aus der am Freitag veröffentlichten Jahresprognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Konjunkturforschung (IAB) hervor. Für 2014 rechnet die Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit durchschnittlich 2,901 Millionen Erwerbslosen. Das wären lediglich 37.000 Jobsucher weniger als im Jahresschnitt 2013. Trotzdem erwarten die Wissenschaftler 2014 eine Rekordbeschäftigung. Arbeitslose würden davon aber kaum aber profitieren. Vielmehr besetzten Unternehmen neu geschaffene Stellen zumeist mit gut ausgebildeten Zuwanderern aus Süd- und Osteuropa".
Quellennachweis für obige Meldung: http://www.focus.de/finanzen/news/wirtschaftsticker/arbeitsmarktforscher-auch-2014-kein-neuer-job-boom_aid_1114347.html
Warum soll ich für diese "Freiheit" sein? Ist das nicht nur ein "Verschiebebahnhof". Die Arbeitgeber suchen sich die Vitalsten, Jüngsten und Gesündesten aus, oder nicht?
Das mit der mangelnden Qualifikation kann bei mir kein Grund sein, denn ich kann eine 1 a-Ausbildung, ein Top-Abschlußzeugnis von 1,4 und sehr ordentliche Arbeitszeugnisse nachweisen. Warum also bekomme ich als Kranker keinen Job, Zuwanderer aber offensichtlich zunehmend? Soll ich ein Leben lang von knapp 400 Euro Hartz IV leben? Ich möchte arbeiten!
Statt die hier lebenden Obdachlosen u. Armen in Wohnungen/ Arbeit zu bringen, höre ich nur noch von "Armutszuwanderern". Das sind doch keine Menschen die zuvor in Slums wohnten, oder? Ist Deutschland nicht schon dicht genug besiedelt?
MfG
Pitz
Sehr geehrter Herr Pitz,
vielen Dank für Ihr freundliches Schreiben. Ich antworte Ihnen gerne.
Die Bundesrepublik ist schon jetzt zum Erhalt ihrer Wirtschaftskraft auf gut ausgebildete und leistungsbereite Zuwanderer angewiesen und wird dies wegen der absehbaren demographischen Entwicklung in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auch immer mehr sein. Ich kann allerdings auch nachvollziehen, wenn ein Arbeitsloser in Deutschland die grundsätzliche Befürchtung hat, von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt zu werden. Und – in dem Punkt gebe ich Ihnen Recht: Jemand, der heute nicht weiß, wovon er morgen leben soll, kann sich nicht frei fühlen. Freiheit braucht deshalb immer eine materielle Grundlage.
Deshalb muss die Arbeitsmarktpolitik die Menschen in Deutschland noch viel mehr aktivieren als bislang. Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, damit jeder – eben auch derjenige, der Langzeitarbeitsloser ist – die Möglichkeit bekommt, durch seine eigene Leistung beruflich auf eigenen Beinen stehen zu können. Wir haben in den vergangenen Jahren bereits sichtbare Erfolge bei der Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit erzielt, allerdings noch nicht so viel, dass wir uns darauf ausruhen könnten. Fast eine Million Langzeitarbeitslose haben zwischenzeitlich wieder Beschäftigung. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir – auch in Ihrem Sinne – weiterhin erfolgreich bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Kubicki