Frage an Wolfgang Kubicki von Lothar W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Kubicki!
Ich wende mich an Sie als den Hoffnungsträger der FDP, weniger als Landespolitiker.
In der ersten Ausgabe von "Absolute Mehrheit" haben Sie darauf hingewiesen, dass unser Steuersystem zu viele Schlupflöcher hat. Nun ist die FDP seit einigen Jahren Teil der Regierung, ich habe nicht gesehen, dass sie Interesse gezeigt hätte, das zu ändern.
Könnten Sie mir erklären, was die FDP hindert, die enorme Zahl an Steuerausnahmen zu streichen und ein einfacheres, gerechteres Steuersystem zu verwirklichen?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Sehr geehrter Herr Wiese,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 20. November letzten Jahres. Die späte Antwort bitte ich zu entschuldigen.
Die FDP hat während der Regierungszeit durchaus eigene Maßnahmen ergriffen und beschlossen, die eine Vereinfachung des Steuersystems zur Folge haben. Die bessere Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten sowie die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrages sind entsprechende Beispiele.
Eine Steuererklärung auf dem Bierdeckel scheint im ersten Moment reizvoll und unkompliziert, doch in der Realität ist mit erheblichen Widerständen bei der Umsetzung zu rechnen.
Die fünf größten “Ausnahmetatbestände” - Pendlerpauschale, Handwerkerleistungen/haushaltsnahe Dienstleistungen, Steuerbegünstigung von Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie die Abzugsfähigkeit von Spenden und Kirchensteuer im Einkommenssteuerrecht -verursachen Kosten für den Bundeshaushalt in Höhe von 14 Milliarden Euro im Jahr.
Wenn Sie diese alle abschaffen wollen, dann lösen sie massive Proteste bei den Menschen aus, die heute von diesen Ausnahmetatbeständen profitieren. Die Forderung nach einer einfacheren Steuererklärung - z.B. auf einem Bierdeckel - ist leicht nachzuvollziehen. Doch die Folgen, nämlich der Wegfall von steuerlichen Absetzungsmöglichkeiten, werden zunächst ignoriert. Ich befürchte, dass es dieselben Menschen sein werden, die zunächst noch eine Vereinfachung gefordert haben, um dann im Nachhinein am lautesten über die neue Ungerechtigkeit zu klagen.
Eine große Steuerreform braucht viele kleine Schritte.
mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Kubicki