Frage an Wolfgang Jokerst von Neil-H. M. bezüglich Energie
Sehr geehrter Herr Jokerst!
Ich frage mich die ganze Zeit, seitdem ich Auto fahre, warum die Spritpreise immer weiter steigen und die Bürger Deutschlands diese Preise trotzdem zahlen. Auf der einen Seite kann ich verstehen, wozu die Ökosteuer angeschafft wurde. Auf der anderen Seite verstehe ich aber nicht, wofür! Durch einen zufälligen klick auf homepage von http://www.mwv.de habe ich entdeckt, was und wieviel "Steuer" mit Benzin gemacht wird. Hier ein kleiner Ausschnitt:
"Von den Mineralölgesellschaften beeinflussen lässt sich nur der Deckungsbeitrag, der die Vermarktungkosten und den Gewinn umfasst. In ihm sind die Kosten für die gesetzliche Bevorratung, Forschung und Kraftstoffentwicklung, den Transport, den Bau und die Erhaltung von Tankstellen, die Lagerhaltung, Personalkosten, Verwaltung, Vertrieb und der Gewinn enthalten. Der Deckungsbeitrag lag im Jahresdurchschnitt 2004 für Eurosuper bei 8,5 Cent pro Liter. Im ersten Halbjahr 2005 sank er auf 7 Cent pro Liter, da es wegen des harten Wettbewerbs nicht gelang, die deutlich gestiegenen Produktkosten an die Autofahrerinnen und Autofahrer weiterzugeben." (Quelle: http://www.mwv.de/preisfaktoren.html )
Nun habe ich mal vor längerer Zeit einen Handzettel über die Vorteile der Ökosteuer bekommen. Dort wurde beschrieben, was die Ökosteuer dem einzelnen Haushalten alles erspart.
Unter anderem steht auf diesem Handzettel:
"Durch die gesamten steuerpolitischen Maßnahmen der rot-grünen Bundesregierung werden die Bürgerinnen und Bürger »unter dem Strich« massiv entlastet"
Doch irgendwie kann ich nun, wenn ich die zwei Absätze vergleiche, gar nichts mehr verstehen. Denn in Wirklichkeit wird der deutsche Steuerzahler, also jeder Wahlberechtigte Bürger Deutschlands, mehrmals "abgerippt. Das heißt im Klartext, daß im Durchschnitt jeder Deutsche Wähler mindestens 3x die Ökosteuer zahlt. Und das wie folgt:
Jeder Autofahrer zahlt 1x Ökosteuer, jeder Haushalt zahlt 1x Ökosteuer auf Strom, auf Gas oder Heizöl.
Kann denn das im Sinne des Erfinders sein? Denn im Gegensatz zu den steigenden "Nicht erneuerbaren Energien" werden KEINE Alternativen GEBOTEN.
Dies ist ein Ungleichgewicht, daß nicht aufzuhalten ist.
Wie werden Sie, falls Ihre Partei wieder gewinnen sollte, dieses Problem angehen und lösen?
Sehr geehrter Herr Metzner,
auf ihre Frage, warum die Spritpreise immer weiter steigen: Kurzfristig sind dafür Faktoren wie Spekulation und der Dollarkurs im Verhältnis zum Euro verantwortlich, da Rohöl international in Dollar gehandelt wird. Die Spekulation setzt auf steigende Rohölpreise, weil ein kurzfristiger Ausfall eines der Hauptförderländer sofort zu einem massiven Anstieg der Preise führen würde. Zur Zeit (Juli 2005) liegt der Rohölpreis für das Barrel bei rund 60 Dollar. Spekulanten handeln an der New Yorker Warenterminbörse für Dezember diesen Jahres bereits mit Preisen um 80 Dollar. Die Investmentbank Goldman Sachs hält auch einen kurzfristigen Anstieg auf 105 Dollar für möglich.
Selbst wenn die Rohölpreise durch ein Platzen der Spekulationsblase kurzfristig wieder sinken sollten, so ist doch eines klar: Die Zeit des billigen Öls ist ein für allemal vorbei. Warum ist das so? Preise drücken Knappheiten aus. Und diese Knappheit wird von zwei Seiten erzeugt. Zum einen sinken die weltweiten Ölreserven rapide, zum anderen ? und das ist noch entscheidender ? wächst der weltweite Ölhunger exponential an, weil hunderte Millionen Menschen zusätzlich wirtschaftlich in der Lage sind, den westlichen Konsumstil zu leben.
Die Ökosteuer ist zum letzten Mal zum 1.1.2003 um rund 3 Cent erhöht worden. Die Mineralölsteuer auf den Liter bleifreies Normal- oder Superbenzin beträgt 65,4 Cent. Die Ökosteuer ist mit 15,4 Cent mit weniger als einem Viertel an der Mineralölsteuer beteiligt. Im Unterschied zur alten Mineralölsteuer werden die Einnahmen der Ökosteuer zu 90 Prozent zur Senkung der Lohnzusatzkosten genutzt, um den Faktor Arbeit zu entlasten. Ohne die Ökosteuer lägen die Rentenversicherungsbeiträge statt bei 19,5 bei 21,2 Prozent. Die Unternehmen sparten so 2003 8 Milliarden ? an Lohnzusatzkosten. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat errechnet, dass durch die Ökosteuer allein in 2003 rund 250.000 Arbeitsplätze geschaffen worden sind. In dieser Rechnung sind Arbeitsplatzverluste durch höhere Energiepreise schon eingerechnet. Daher hat man mittlerweile auch bei der Union erkannt, dass eine Abschaffung der Ökosteuer kontraproduktiv wäre.
Bündnis 90 / Die Grünen planen angesichts der hohen Rohölpreise keine weitere Erhöhung der Ökosteuer. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, wie sie die Union plant, würde unmittelbar auch den Kraftstoffpreis teurer machen.
Wir verfolgen eine Strategie "Weg vom Öl" und wollen die Abhängigkeit vom Erdöl damit mittelfristig lösen. Wichtigstes Ziel ist es, die Effizienz der Fahrzeuge stark zu verbessern. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch geht zwar zurück, gleichzeitig nimmt aber auch der Absatz von Spritschluckern, z.B. Luxus-Geländewagen zu. In China, Japan und Kalifornien gibt es Verbrauchsobergrenzen pro Fahrzeugklasse. Dies sollte in Europa ebenfalls eingeführt werden. Neben der Verbesserung der konventionellen Verbrennungsmotoren müssen auch Alternativen in den Blick genommen werden. An erster Stelle ist hier der Hybrid-Antrieb aus Elektro- und Verbrennungsmotor zu nennen, den Toyota perfektioniert hat, während die deutschen Hersteller das Thema, ähnlich wie den Rußpartikelfilter, verschlafen haben. Hybridfahrzeuge ermöglichen Kraftstoffeinsparungen von 30 Prozent. Das Potenzial ist dabei bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Eine weitere Alternative sind Erdgasfahrzeuge mit einer bis zu 30%ig besseren CO2-Bilanz und ohne Partikelproblem. Die Bundesregierung fördert Erdgasfahrzeuge durch eine Steuervergünstigung bis zum Jahr 2020. Biokraftstoffe sind ein rasch wachsender Markt. Biodiesel macht immerhin schon rund 4 Prozent der Dieselmarktes aus. Bioethanol ist international (Brasilien, USA) sehr verbreitet, steckt aber in Deutschland noch in den Kinderschuhen, vor allem weil die Mineralölwirtschaft sich weigert, Bioethanol beizumischen. Hier wird über einen Beimischungspflicht wie in Österreich nachzudenken sein. Biokraftstoffe der zweiten Generation, die synthetisiert werden und damit bessere Eigenschaften als Benzin oder Diesel haben, sind dabei aus der Entwicklungsphase in die großtechnische Umsetzung zu gehen. Biogas und reines Pflanzenöl runden die Angebotspalette ab.
Oberstes Ziel ist es, den Gesamtkraftstoffverbrauch durch effizientere Fahrzeuge und attraktive Transportalternativen ? gerade im Güterverkehr ? zu senken. Alternative Kraftstoffe sollen bis 2020 einen Anteil von 25 Prozent am durch Effizienz- und Verlagerungserfolge gesenkten Gesamtverbrauchs erzielen. Langfristig müssen wir die gesamte Energiebasis ? auch im Verkehr ? auch nachwachsende Rohstoffe und andere erneuerbare Energieträger umstellen. Hoffnungsträger ist dabei die Brennstoffzelle, die mit solarem Wasserstoff angetrieben wird.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Jokerst
Sehr geehrter Herr Metzner,
wir treten für ein Zusammenspiel aus vielen Bausteinen ein, um die Energieversorgung zukünftig für alle zu sichern und auch finanziell attraktiv zu gestalten. In erster Linie treten wir für die Förderung der erneuerbaren Energien ein, denn wo Wind, Wasser und Sonne genutzt werden können, amortisieren sich die Anlagen meist mittelfristig. Besonders seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes können wir hier deutliche Fortschritte verzeichnen. Ausführliche Informationen zu unserem Konzept finden Sie hier:
http://www.gruene-fraktion.de/cms/default/dok/85/85329.das_10punktesofortprogram m.htm
Aber auch das Energiesparen trägt einen großen Teil bei. Seriöse Studien belegen, dass das Einsparpotenzial in der Industrie und Privathaushalten bei bis zu 60 Prozent liegen kann. Jeder kann also dazu beitragen, den Energieverbrauch zu senken und damit Kosten zu sparen.
Und nebenbei haben in den letzten Jahren gerade die Investitionen in die erneuerbaren Energien zahlreiche neue Arbeitsplätze geschaffen. Besonders in der Windenergiebranche sind es beachtliche Zahlen, aber auch die Solarindustrie braucht sich nicht zu verstecken.
Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unserer Konzeption sowohl zum Schutz der Umwelt beitragen als auch innovative neue Technologien fördern und Arbeitsplätze schaffen können.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Jokerst