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Wolfgang Hellmich
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Frage von Sven S. •

Frage an Wolfgang Hellmich von Sven S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Hellmich,

am 11.3.2015 wurde der Entwurf zur Neuregelung des Telemediengesetzes der Bundesregierung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vorgestellt. Leider stellt dieser Gesetzesentwurf die Verbreitung digitaler Netzwerke in Deutschland und auch im Kreis Soest vor große Herausforderungen. Wie Sie vielleicht wissen, treiben wir auf privater Basis als Freifunk-Verein Hand in Hand mit den regionalen Verwaltungen und Wirtschaftsvereinen den Ausbau eines freien WLAN-Netzes voran. So betreiben wir derzeit in Borgeln 17, in der Stadt Soest 86 und in Möhnesee 56 WLAN-Hotspots.

Mit dem aktuellen Entwurf positioniert sich die Bundesregierung klar gegen die Verbreitung digitaler Netzwerke und WLAN-Zugangspunkte zum Internet in Deutschland. In sechs konkreten Punkten hat der Förderverein Freie Netzwerke e.V. in einer Stellungnahme festgehalten, warum diese Gesetzesänderung weder wünschenswert, noch überhaupt umsetzbar ist und die aktuelle Situation eher verschlechtert als verbessert sowie zu unsäglichen Kosten für Verwaltung und Wirtschaft führen wird: http://freifunk.net//stellungnahme-tmg-e

Wie stehen Sie zum Entwurf zur Neuregelung des Telemediengesetzes? Sind Sie für mehr verfügbare WLAN-Zugangspunkte in Deutschland und speziell im Kreis Soest, oder dagegen? Sollen wir auch weiterhin aktiv selbst den Ausbau des freien WLANs im Kreis vorantreiben können? Wie wollen Sie sich dafür einsetzen, dass der Entwurf so nicht beschlossen bzw. die Störerhaftung abgeschafft wird?
Ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn Sie oben verlinkte Stellungnahme bei der weiteren Arbeit an dem Gesetz beziehungsweise in Gesprächen mit den Parteikollegen berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen
Sven Sladek

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Sladek,

vielen Dank für Ihre Anfrage! Der Ausbau von kostenfreiem WLAN-Zugang im öffentlichen Raum ist mir ein wichtiges Anliegen. Dass Sie im Kreis Soest so aktiv sind freut mich sehr und ist eine tolle Leistung für Ihre Mitmenschen, denn gerade im ländlichen Raum müssen noch mehr WLAN-Zugangspunkte geschaffen werden. Bürgerinitiativen wie der Förderverein Freie Netzwerke leisten dabei einen wichtigen Beitrag.
Der Schutz von geistigem Eigentum und die bestmögliche Verfolgung von Straftaten müssen allerdings gleichzeitig gewährleistet sein. Eine Balance zwischen diesen beiden notwendigen Bedürfnissen zu finden ist schwierig. Ziel des Gesetzentwurfes ist es, Rechtsklarheit zu schaffen und Anbieter von öffentlichen Zugangspunkten vor Unterlassungsklagen und Abmahnungen zu schützen.
Der Entwurf zum Telemediengesetz bietet eine Reihe von Kompromissen an, die dafür sorgen sollen, dass geschäftsmäßige Betreiber öffentlicher WLAN nicht von der Störerhaftung sind. Darunter fallen, wie sie sicher wissen, in der Regel auch die Freifunk-Netzwerke, da geschäftsmäßig hier nicht gewerbsmäßig bedeutet, sodass auch zivilgesellschaftliche Betreiber kostenfreier Zugangspunkte von der Neuregelung profitieren. Voraussetzung ist, dass die Betreiber ihre Netzwerke verschlüsseln und die Nutzer versichern, keine Rechtsverletzungen über den WLAN-Anschluss zu begehen (zum Beispiel durch Zustimmung zu den AGB auf einer Vorschaltseite nach dem Einloggen). Um das Passwort zum verschlüsselten Netz zu erhalten, muss der Nutzer also auch keinen Vertrag unterschreiben, sondern es kann, so das Bundesministerium, auch einfach auf Eintritts- oder Speisekarten oder über andere Wege mitgeteilt werden. Die Betreiber müssen die Namen der Nutzer nur im Falle eines privaten Netzwerkes kennen (und auch nicht protokollieren oder speichern), da in Privaträumen die Möglichkeit, Straftaten im Internet zu begehen, ohne vom Dienstanbieter entdeckt zu werden, größer ist als im öffentlichen Raum.
Wirtschaftliche Auswirkungen und das Sinken des Beratungsaufwandes sind noch nicht absehbar. Doch da im Entwurfspapier explizit erwähnt wird, dass die ab Werk vorhandenen Verschlüsselungstechniken handelsüblicher Router genügen und die Gesetzesnovelle die aktuelle Rechtslage vereinfacht, bin ich in diesem Punkt zuversichtlich.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat unter folgendem Link Antworten zu den häufigsten Fragen zusammengestellt: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Digitale-Welt/Netzpolitik/rechtssicherheit-wlan,did=695728.html
Auch die Begründung des Gesetzesentwurfs geht auf viele Punkte im Detail ein: ( http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/S-T/telemedienaenderungsgesetz,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf )

Es stimmt, dass der Gesetzentwurf nicht alle eventuellen Unklarheiten restlos ausräumen kann. Er stellt aber eine Verbesserung der Rechtssicherheit gerade auch für Initiativen wie den Freifunk dar.
Dass die Störerhaftung nicht komplett gestrichen wurde, ist dem Willen, Internetkriminalität effizient und auf allen Ebenen zu bekämpfen, geschuldet. Dies ist nicht nur ein prinzipielles Anliegen in einem Rechtsstaat, der das Urheberrecht schützt, sondern auch erklärtes Ziel der Koalitionsvereinbarungen.
Die nachvollziehbaren Bedenken des Fördervereins Freie Netzwerke und anderer Initiativen helfen uns, die Rechtslage zu verbessern. Der Entwurf wurde nun an die Länder, Verbände und Fachkreise gesandt, die sicherlich auch noch einen Beitrag leisten werden. Inwieweit beim Gesetzgebungsverfahren auf die Kritikpunkte eingegangen werden kann, wird sich dann zeigen.

Ich hoffe, dass meine Antwort eine wenig Klarheit schaffen konnte, und möchte mich noch einmal für Ihr Engagement bedanken. Bitte zögern Sie nicht, mir zu schreiben, wenn Sie noch Fragen haben.

Mit besten Grüßen

Wolfgang Hellmich, MdB

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