Frage an Wolfgang Gerhardt von Achim S. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Dr. Gerhardt,
mit Freude habe ich gelesen, dass auch Sie es abgelehnt haben, dass Familienbande über Kinder und Ehepartner hinaus künftig im Erbrecht absolut negiert werden. Das unterschiedslose Zusammenlegen der Steuerklassen II und III (Geschwister/Nichten/Neffen und nichtverwandte Fremde) minimiert und reduziert den Begriff Familie in einer Art und Weise, die nach meiner Erfahrung nicht den Lebensgegebenheiten und dem Familienzusammenhalt der Mehrheit der Bürger in Deutschland entspricht.
Die Zustimmung vieler Abgeordneter basiert m.E. weniger auf der entsprechenden familienpolitischen Einstellung und der Überzeugung, dass Geschwister und deren "Abkömmlinge" ihrem Bruder, ihrer Schwester, ihrem Onkel und ihrer Tante genau so fremd sind wie jedwede Nachbarn, Freunde und Bekannte, sondern begründet sich in einer traurig-falschen politisch-pragmatischen Zustimmung zu einer summenneutralen Neuerfassung der anscheinend weiter dringend benötigten 4 Milliarden Erbschaftssteueraufkommen.
Frage 1: Gibt es trotz der mehrheitlichen Zustimmung des Bundestages nun noch Chancen, dass durch Initiativen im Bundesrat oder durch Initiative des Bundespräsidenten hier noch eine angemessene Änderung erfolgt? Ein relativ einfach zu begehender Weg hierzu ist ja anscheinend offen gelassen worden, da die Steuerklassen II und III ja auch im neuen Gesetz beibehalten wurden.
Frage 2: Und falls die Erbschaftssteuerreform in der jetzigen Fassung dann tatsächlich doch verabschiedet wird, wird die FDP nach der nächsten Bundestagswahl bei hoffentlich möglichen Koalitionsverhandlungen darauf bestehen, dass dieses Erbschaftssteuergesetz schnellstmöglich wieder novelliert bzw. besser noch komplett gestrichen wird?
Mit freundlichem Gruß
Achim Stöcklein
Sehr geehrter Herr Stöcklein,
haben Sie verbindlichen Dank für ihre Mail. Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:
zu 1.
Theoretisch könnte der Bundesrat das Gesetz ablehnen und ggf. den Vermittlungsausschuss anrufen. Dort vereinbarte Nachbesserungen müssten von Bundestag und Bundesrat gebilligt werden. Stimmt der Bundesrat zu, muss das Gesetz vom Bundespräsidenten ausgefertigt (unterschrieben) werden. In ganz wenigen Fällen haben die Bundespräsidenten die Unterschrift wegen fehlender Verfassungskonformität verweigert, so dass das Gesetz nicht in Kraft treten konnte.
zu 2.
Da die Erbschaftsteuer den Ländern zufließt, ist die FDP der Auffassung, das die Länder auch die Gesetzgebungskompetenz für die Steuer haben sollten. Dann kann jedes Land - im Wettbewerb mit den anderen - entscheiden, ob und wenn ja in welcher Höhe es Erbschaftsteuer erheben will. Diese Position wird in Bestandteil eines Koalitionsvertrags, den die FDP unterschreibt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Gerhardt MdB