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Frage von Michael L. •

Frage an Wolfgang Gerhardt von Michael L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gerhardt,

am 23.-26. Oktober diesen Jahres veranstaltet die "Friedrich-Naumann-Stiftung" ein Seminar mit dem Thema: "Das muslimische Berlin"

Einer der Referenten dieses Seminars ist Burhan Kesici von der Islamischen Föderation Berlin.

Wikipedia informiert über die Islamische Föderation wie folgt:

"Eduard Vermander, Leiter des Verfassungsschutzes, urteilt, es gebe auch Verbindungen zu Mili Görüs, deren Hauptziel die Errichtung einer islamischen Staatsordnung auf der Basis des Korans sei."

Wie stehen Sie als Vorsitzender der "Friedrich-Naumann-Stiftung" zu diesem Seminar und diesem Referenten?

Sind solche Seminare mit Ihren liberalen Überzeugungen vereinbar?

Mit freundlichen Grüßen

M. Lenze

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Lenze,

vielen dank für Ihre Nachfrage zur Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit "Das muslimische Berlin" vom 23. - 26. Oktober 2008.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit bietet seit über dreißig Jahren Informationsseminare zur politischen Situation in Berlin an, die die Teilnehmer, überwiegend nicht Berliner, in die Lage versetzen sollen, sich ein authentisches Bild der politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lage der Stadt zu machen.

Neben den eher allgemeinen Seminaren "Berlin -- Schauplatz deutscher Politik, Geschichte und Kultur" stehen in unregelmäßiger Reihenfolge auch vertiefende Seminare auf der Agenda, die Einzelthemen der Berliner Situation intensiver behandeln. Hier nehmen auch viele Berliner teil. Auf besonders reges Interesse stießen die Seminare "Jüdisches Leben in Berlin", die sich mit dem Einfluss des wieder erstarkenden jüdischen Lebens in Berlin befassten.

Vor dem Hintergrund, dass mit ca. 200 000 Muslimen der Islam die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Berlin ist, schien es an der Zeit den Einfluss des Islams auf das gesellschaftliche Leben der Deutschen Hauptstadt in einem Seminar näher zu beleuchten - über die vielen Einzelveranstaltungen hinaus, die wir im Rahmen unserer kommunalpolitischen Veranstaltungen, z.B. in Kooperation mit dem Türkischen Bund Berlin-Brandenburg, der Türkisch-Deutschen Unternehmervereinigung oder den Türkisch-Deutschen-Akademikern, durchgeführt haben.

Wir haben die Konzeption und die Referentenakquise an unsere langjährige freie Mitarbeiterin Frau Dr. Cohen-Friedlaender vergeben, die das Programm in enger Abstimmung mit unserem Regionalbüro Berlin-Brandenburg erstellt hat.

Ziel dieses Seminars ist es nicht, ein Wunschbild gelungener Integration und eine "heile Welt" zu präsentieren, sondern möglichst die reale Situation abzubilden. Es sollen die Gefahren aber auch die Chancen aufgezeigt werden, die das Vorhandensein islamischer Kultur inmitten der Berliner Gesellschaft mit sich bringt. Zudem sollen die liberale Sicht und liberale Lösungsansätze präsentiert werden. Eine sorgfältige Recherche bei den Referenten ist für die Stiftung selbstverständlich.

Die Islamische Föderation, und hier Burhan Kesici, geben zu öffentlicher Kritik Anlass. Einerseits war unseren Mitarbeitern bekannt, dass der Islamischen Föderation eine Nähe zur Milli Görus nachgesagt wird, andererseits hat sie vor Gericht die Abhaltung des islamischen Religionsunterrichts erkämpft und juristische Anerkennung gefunden. Man muß sich nicht mit der Islamischen Föderation identifizieren und die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit tut dies auch nicht.

Wie oben bereits ausgeführt, geht es der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit bei dem Seminar um die reale Situation. Eine ausführliche Recherche brachte bei Herrn Kesici keine extrem islamistischen Zitate hervor, die gegen seine Einladung sprachen. Wir haben ihn lediglich als Teilnehmer einer Podiumsdiskussion eingesetzt, die von einer erfahrenen Journalistin des Kulturradios des rbb und aktiven Mitglieds der jüdischen Gemeinde zu Berlin moderiert wird.

Herr Kesici ist Teilnehmer einer einstündigen Podiumsdiskussion mit drei Teilnehmern und einer Moderatorin, d.h. es stehen ihm ca. 20 Minuten von 1.200 Minuten Seminarzeit zur Verfügung und er ist lediglich einer von 26 Referenten.

Die liberalen Positionen werden in diesem Seminar von ca. einem Drittel der Referenten vertreten. Insofern glaube ich, dass ein solches Seminar mit liberalen Überzeugungen vereinbar ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Gerhardt MdB