Portrait von Wolfgang Gerhardt
Wolfgang Gerhardt
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Wolfgang Gerhardt zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Rüdiger G. •

Frage an Wolfgang Gerhardt von Rüdiger G. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Gerhardt,

gerne würde ich einmal Ihre Meinung zu meinen Ideen zu strukturellen Änderungen in der Gemeindefinanzierung, als Teil der im Bundestag schon seit Jahren anstehenden „Großen Steuerreform“ hören.

Ich könnte mir folgendes Lösungspaket vorstellen.

1. Einführung der kaufmännischen Buchführung in den Kommunen (ist bereits in der Umsetzung).

2. Einführung einer Kommunalsteuer für Gemeinde und Landkreis , mit eigenem Hebesatzrecht für alle natürlichen und juristischen Personen, nach Schweizer Vorbild.

3. Reduzierung der Landes- bzw. Bundeszuschüsse zu kommunalen Investitionen auf einen einheitlichen prozentualen Betrag < 50 %.

4. Direkte plebiszitäre Mitbestimmung der Bürger bei kommunalen Investitionsentscheidungen.

Von einer solchen Lösung würde ich mir ein wachsendes eigenverantwortliches Denken in der Bevölkerung zum Sinn und Unsinn von kommunalen Investitionen (Verschuldung) versprechen. - Soll viel investiert werden muss auch die Kommunal- Steuer erhöht werden-

Beim „Wassergeld“ ist ein für den Bürger direkt erkennbarer Zusammenhang zwischen effizienten und uneffizienten Kommunen und der Gebührenhöhe bereits erkennbar.

Diese heilsame Transparenz sollte auf die gesamten kommunalen Finanzen ausgedehnt werden.

Portrait von Wolfgang Gerhardt
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Gruhle,

im Namen von Herrn Dr. Gerhardt möchte ich mich für Ihre interessanten Anregungen zur Gemeindefinanzreform bedanken. Die FDP-Bundestagsfraktion verfolgt das gleiche Ziel wie Sie: Die Handlungsfähigkeit der Gemeinden zu bewahren. Die FDP-Bundestagsfraktion hat deshalb eine Parlamentarische Initiative im Deutschen Bundestag vorgelegt, die im folgenden Text näher erläutert wird. Ich hoffe, dass dieser Text Ihre Fragen zu den liberalen Vorstellungen zur Reform der Gemeindefinanzen beantwortet.

Nochmals besten Dank für Ihre Anregungen.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Kai Lücke

Gemeindefinanzreform - Das Konzept der FDP

Unseren Städten und Gemeinden steht das Wasser bis zum Hals. Um die Lebensqualität für die Menschen zu bewahren, hat die FDP ein umfassendes Konzept zur Reform der Gemeindefinanzen vorgelegt und in den Bundestag eingebracht. Hier die Forderungen im Einzelnen:

Zwei-Säulen-Modell
Damit unsere Kommunen wieder auf die Beine kommen, muss ihre Finanz-ausstattung verbessert werden. Die Gewerbesteuer muss ersetzt werden. Die bestehenden Steuereinnahmen werden neu verteilt. Die FDP schlägt ein Modell vor, das aus folgenden beiden Säulen besteht:
Die erste Säule " Umsatzsteuer: Bisher bekommen die Gemeinden 2,2 Prozent von der Umsatzsteuer. Als Ersatz für die konjunkturanfällige Gewerbesteuer soll dieser Anteil auf rund 11,5 Prozent erhöht werden. Damit erhalten die Gemeinden eine gute und verlässliche Einnahmequelle. Die Umsatzsteuer soll zudem nach der Zahl der sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigungs-verhältnisse in der jeweiligen Gemeinde berechnet werden. Das Band zwischen Wirtschaft und Gemeinde wird dadurch nachhaltig gestärkt.
Die zweite Säule " Kommunalsteuer: Bisher bekommen die Gemeinden 15 Prozent von der Lohn- und Einkommensteuer. Dieser Anteil soll ersetzt werden durch eine Kommunalsteuer, die wie die Kirchensteuer als Zuschlag zur Lohn- und Einkommensteuer und auch zur Körperschaftsteuer erhoben wird. Gleichzeitig wird die Einkommensteuer entsprechend gesenkt, so dass im Ganzen keine zusätzlichen Belastungen für die Arbeitnehmer entstehen. Die Städte und Gemeinden legen die Höhe der Kommunalsteuer selber fest. Die Bürger erfahren dann über ihren Steuerbescheid die Höhe der Kommunalsteuer und wissen damit, wie gut ihre Gemeinde mit ihren Steuern umgeht. Das schafft Transparenz und mehr Anreiz zum sparsamen Umgang mit Steuergeldern.

"Wer bestellt, muss auch bezahlen!" Ein wichtiger Ausweg aus der Finanzmisere besteht darin, das Konnexitätsprinzip im Grundgesetz zu verankern. Das bedeutet nichts anderes als: "Wer bestellt, muss auch bezahlen." Bund und Länder dürfen demnach keine Gesetze erlassen, die die Gemeinden zu Ausgaben verpflichten, wenn sie den Städten dafür kein Geld zur Verfügung stellen. Bisher war es oft der Fall, dass vom Bund Aufgaben auf die kommunale Ebene übertragen worden sind, ohne dass ein angemessener finanzieller Ausgleich erfolgte.

Städte und Gemeinden in der Finanzkrise
Unsere Städte und Gemeinden stecken in einer tiefen Finanzkrise. Die Kassen sind leer. Die Folgen spüren wir täglich: Der Putz blättert von Schulen und Kindergärten. Dringende Reparaturen an Krankenhäusern und Schulen werden verschoben. Büchereien, Schwimmbäder, Museen und Theater werden geschlossen. Viele Städte und Gemeinden sind nicht mehr in der Lage, die grundlegenden Aufgaben für die Menschen vor Ort zu erfüllen. Die kommunale Selbst-verwaltung ist dadurch gefährdet. Hauptgrund für die Finanzkrise sind drastische Steuerausfälle infolge anhaltender Wachstumsschwäche, besonders bei der konjunkturabhängigen Gewerbesteuer. Weniger Einnahmen bedeuten weniger Investitionen. Und weniger Investitionen bedeuten mehr Arbeitslose, besonders im Baugewerbe.

Gewerbesteuer ersetzen
Ohne politisches Umdenken droht die Lebensqualität in unseren Städten und Gemeinden weiter zu sinken. Politisches Umdenken bedeutet: Wir brauchen eine grundlegende Reform der Gemeindefinanzen. Als erste Fraktion im Deutschen Bundestag hat die FDP dazu die parlamentarische Initiative ergriffen und einen Gesetzentwurf vorgelegt.
Ein Kernelement unseres Konzepts ist der Ersatz der konjunkturanfälligen, wettbewerbsverzerrenden und bürokratischen Gewerbesteuer. Aufgrund ihrer kaum vorhersehbaren Schwankungen ist sie als Einnahmequelle für die Städte und Gemeinden ungeeignet. Sie muss deshalb ersetzt werden. Durch das 2-Säulen-Modell der FDP wird das Steuersystem einfacher und gerechter. Die Einnahmen der Gemeinden werden vom derzeitigen Achterbahnkurs in verlässliche Bahnen gelenkt.
Rot-Grün hat in den letzten Jahren Politik zu Lasten der Städte und Gemeinden gemacht. Dies muss durch ein Soforthilfeprogramm korrigiert werden. Die FDP fordert, dass die Städte und Gemeinden durch verschiedene Maßnahmen kurzfristig um rund 6 Milliarden Euro entlastet werden.
SPD, Grüne und Teile der Union fordern, die Gewerbesteuer auf alle Freiberufler und Selbstständige auszuweiten. Renommierte Verfassungsrechtler haben zu den Plänen bereits ihre Bedenken geäußert. Außerdem wäre das eine weitere Steuererhöhung und eine erneute Hürde für die dringend notwendige Belebung des Wachstums in Deutschland: Rund 780.000 Freiberufler mit 160.000 Ausbildungsplätzen würden mit neuen Kosten und zusätzlicher Bürokratie belastet. Ein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen droht.