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Wolfgang Gerhardt
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Frage von Ralf O. •

Frage an Wolfgang Gerhardt von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Gerhardt,

mit dem 750 Millarden Euro-Garantiepaket durch EU-Regierungen und IWF ist hoffentlich eine Brandmauer gegen die Spekulation gegen den Euro und andere schwächere EU-Länder geschaffen, die sich dann letztendlich auch gegen Deutschland richten könnte.Was aber, wenn dies nicht ausreichen sollte und "nachgelegt" werden muss?Wo ist die zumutbare Grenze und die "Sollbruchstelle", an der die Währungsunion zerbrechen könnte? Oder ist der Preis hierfür eine Hyperinflation? Was halten Sie von dem Vorschlag 2 Währungsunionen in der EU zu schaffen--eine für die wirtschaftlich agraisch geprägteren Süd- und Ostländer, eine für die wirtschaftlich stabilieren Länder Zentraleuropas--ist das illusorisch oder würde das alles noch schlimmer machen?Wäre das damalige Schäuble-/Lammerspapier zu Kerneuropa nicht eine Alternative?Was halten Sie von den Forderungen nach einer europäischen Wirtschaftsregierung, die laut EU-Verantwortlichem Zehm auch in die nationale Haushalts- und Finanzpolitik und das Tarifrecht eingreift?Ist eine Währungsunion überhaupt ohne eine drastische Harmonsierung der Finanzhausthalte und Wirtschaftspolitiken durchführbar, ja braucht man letztlich einen beherzten Schritt hin zu einem europäischen Zentralstaat nach dem alten volkswirtschaftlichen Motto "Ein Staat, eine Währung"? Ist dieser zentrale Widerspruch "eine Währung, kein Zentralstaat"überhaupt auflösbar?Was halten sie von dem Vorschlag einer Europäischen Ratingagentur und einem Europäischen Währungsfonds (vergleichbar mit dem Asiatischen Währungsfond)--ist der gerade geschaffene EU-Notfonds nicht schon ein Schritt in diese Richtung?

Mit freundlichen Grüssen

Ralf Ostner

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Ostner,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Euro-Stabilitätspakt. Die FDP-Bundestagsfraktion hat das Paket zur Stabilisierung des Euro im Deutschen Bundestag mit getragen. Die Stabilisierung des Euro war notwendig, um Schaden von der Europäischen Währung abzuwenden. Aber das Paket beseitigt die Gründe für die Krise nicht quasi automatisch, sondern verschafft der Europäischen Währungsunion Zeit und Spielräume, um grundsätzliche Fehler im Konstrukt der Währungsunion zu beheben.

Mein Kollege Oliver Luksic, für die FDP-Bundestagsfraktion Berichterstatter für die Wirtschafts- und Währungsunion im EU-Ausschuss des Deutschen Bundestages, hat völlig zu Recht darauf hingewiesen: Die Errichtung des auf drei Jahre angelegten EU-Rettungsschirms für den Euro ist eine kurzfristig notwendige Entscheidung zur Stabilisierung unserer gemeinsamen Währung. Die Ablehnung der gesamtschuldnerischen Haftung, das Einstimmigkeitsprinzip und die Einbindung des IWF sind für die FDP zentrale Punkte des Paktes. Die FDP steht der Einrichtung eines institutionalisierten und zeitlich unbefristeten Rettungsmechanismus kritisch gegenüber, deswegen ist die Befristung der Zweckgesellschaft auf drei Jahre wichtig. Nun bedarf es begleitend einer mittel- und langfristig angelegten umfassenden Reform des Stabilitätspakts, um das Vertrauen in die Stabilität der Eurozone nachhaltig zu sichern. Es braucht eine neue Stabilitätskultur.

Es geht jetzt, über die mit dem Währungsunion -Finanzstabilitätsgesetz in Angriff genommene Krisenbekämpfung hinaus, um die weitere Krisenprävention. Die Bundestagsfraktionen von Union und FDP haben dies in einem Entschließungsantrag Anfang Mai deutlich gemacht. Hierbei forderte die FDP-Bundestagsfraktion klare Fortschritte bei der Regulierung der Finanzmärkte. Die Forderungen aus dem Entschließungsantrag des Deutschen Bundestages vor zwei Wochen müssen auf europäischer Ebene mit Nachdruck verhandelt werden. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der in der Vergangenheit von Rot-Grün aufgeweicht wurde, muss verschärft und der Finanzmarkt stärker reguliert werden. Unverzichtbar ist eine Beteiligung all derer an den Kosten der Krise, die auf Kosten der Steuerzahler spekuliert und Gewinne gemacht haben. Der Zusammenhang zwischen Risiko und Verantwortung muss gerade auch bei Finanzgeschäften wieder hergestellt und sichtbar werden. Über die geplante Bankenabgabe hinaus müssen die Verursacher der Krise zu deren Bewältigung herangezogen werden. Die FDP unterstützt daher auch die Einführung einer Finanzmarktsteuer, über deren genaue Ausgestaltung aber noch gesprochen werden muss. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass das finale Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages nicht angetastet wird. Deshalb kann ich mich mit dem von Ihnen angeführten Vorschlag einer europäischen Wirtschaftsregierung, die auch in die nationale Haushalts- und Finanzpolitik eingreift, oder mit einen „Europäischen Zentralstaat“ nicht anfreunden. Es geht darum, auf europäischer Ebene die Regulierung der Finanzmärkte voranzubringen, insbesondere die Regulierung der Finanzmarktprodukte. Es geht darum, auf diesem Wege die Europäische Währungsunion zu stärken und zu stabilisieren. Deshalb kann ich keinen Sinn darin erkennen, - wie Sie es erfragen - zwei Währungsunionen in der EU zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Gerhardt MdB