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Wolfgang Gehrcke-Reymann
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Frage von Norman F. •

Frage an Wolfgang Gehrcke-Reymann von Norman F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Gehrcke,

in Folge des Medienrummels um Tibet aufgrund der olympischen Spiele ist mir aufgefallen, dass sowohl der Regierungsschef der Central Tibetan Administration, der tibetischen Exilregierung, als auch das "Staatsoberhaupt", der Dalai Lama, beide buddhistische Mönche sind. Ich möchte nicht bestreiten, dass diese Regierung sich für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einsetzt. Dennoch stehe ich ihr skeptisch gegenüber, weil sie wenig Säkularismus zeigt, den ich für wichtig halte. Was halten sie von dieser Exilregierung?

Mit freundlichen Grüßen,
Norman Frey

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Frey,

Ihre Frage ist nicht so ganz einfach zu beantworten, da die „Tibet-Frage“ sehr viel politische Brisanz birgt und zu oft leider auch politisch instrumentalisiert wird. Ich habe mich strikt gegen einen Boykott der Olympischen Spiele von Peking wegen des „Tibet-Konflikts“ ausgesprochen, damit war und ist den Tibeterinnen und Tibetern nicht geholfen. In meinen Gesprächen mit Repräsentanten der chinesischen Regierung und des Parlaments habe ich jedoch ebenso darauf hingewiesen, dass Konflikte wie der in Tibet nicht mit Gewalt zu lösen sind. Im Gegenteil: Ich denke, China wäre gut beraten, auf Grundlage seiner Verfassung die autonomen Regionen sowie die Gleichheit der Nationen, der Sprachen, der Sitten und der Gebräuche weiter zu entwickeln. Das ist Gegenstand der chinesischen Verfassung. Es liegt in der Verantwortung, der Kooperation zwischen Tibetern und Chinesen, dies in die politische Praxis umzusetzen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, das akzeptiere ich, die Souveränität der Chinesischen Volksrepublik. Die Definition des Dalai Lama er war Gast bei uns im Auswärtigen Ausschuss von Autonomie - nicht auf das Gebiet Tibet, sondern auf die Abstammung bezogen; er sprach wörtlich von Religion und Blut lässt sich schwer in Rechte fassen. Und: In letzter Konsequenz birgt eine solche Auffassung auch das Potenzial zu sezessionistischen Tendenzen. Dies wird die chinesische Regierung nie akzeptieren.
Man muss aber klar über Standards sprechen, die man einer Minderheit – im Falle Tibets einer Mehrheit – einräumen muss. Die Sprache, die in einem Gebiet mehrheitlich gesprochen wird, muss als Amtssprache anerkannt werden. Auch die religiöse Freiheit, die sich natürlich in einem rechtlichen Rahmen bewegen muss, gehört zu jeder vernünftigen, entwickelten Gesellschaft. Hinzu kommt selbstverständlich die Gleichberechtigung bei Bildung und Arbeit. Nicht zuletzt geht es auch darum, einen vernünftigen Umgang mit der Geschichte Tibets zu finden. Gerade im Westen gibt es in dieser Hinsicht viel Verklärung und die verbreitete Auffassung, das Mönchssystem in Tibet sei gewaltfrei. Aber die tibetische Geschichte, und auch die Herrschaft der Lamas, war grausam und blutig.
Sie sehen, ich betrachte die so genannte „tibetische Exilregierung“ sehr skeptisch, eben weil es um mehr als um religiöse Fragen geht. Ich hoffe aber, Ihnen meine Beweggründe verständlich dargelegt zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Gehrcke