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Winfried Hermann
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Frage von Simon H. •

Frage an Winfried Hermann von Simon H. bezüglich Finanzen

Sie haben wie die Mehrheit der Grünen gegen die Schuldenbremse gestimmt. Könnten sie mir erläutern wieso? Auf mich als Student macht das Konzept einen ganz guten Eindruck. Immerhin ist Deutschland ja hoch verschuldet. Als 21jähriger rechne ich damit, dass die Schulden von heute die Steuerlast von Morgen sind, die ich mitzutragen habe.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Simon Hillebrand!
Herzlichen Dank für Ihre Frage und das Interesse an unserer Position.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie die Sorge haben, die enorme Schuldenlast später schultern zu müssen. Deshalb haben wir Grüne immer darauf hingewiesen, dass staatliches Handeln auch den Aspekt der Generationengerechtigkeit berücksichtigen muss. Wir sind nicht per se gegen eine Schuldenbremse, sondern gegen den Vorschlag der Koalition. Die Fakten: Als Ergebnis der Föderalismuskommission hat die große Koalition beschlossen, eine Schuldenbremse einzuführen. Diese soll für den Bund aber erst ab 2016 und für die Länder ab 2020 voll wirksam werden. Diese Politik, jetzt einen gigantischen Schuldenberg anzuhäufen, aber erst 2016 eine Schuldenbremse in Kraft zu setzen, ist eine Flucht aus der Verantwortung, die zulasten künftiger Generationen geht. Dem konnten wir nicht zustimmen!
Für uns Grüne ist klar: Die Schuldenbremse soll nächstmöglich, also 2011 kommen. Wer ernsthaft den Weg in den Schuldenstaat stoppen will, kann sich nicht noch eine Hintertür für weitere fünf Jahre munterer Verschuldung sichern. In einer Anhörung der Föderalismuskommission II im Deutschen Bundestag zu den Finanzthemen waren sich die Gutachter zumindest in einer Frage weitgehend einig: Konjunkturbedingte Schwankungen des Saldos von Einnahmen und Ausgaben sind vor allem für den Bund sinnvoll. Gleichzeitig wurde aber auch betont, dass konjunkturbedingte Defizite innerhalb eines Konjunkturzyklus verbindlich durch zu erwirtschaftende Überschüsse auszugleichen sind.
Die Forderung der FDP nach einem absoluten Verschuldungsverbot ist ökonomischer Unsinn und politisch gefährlich. Dass Westerwelle und Co. im gleichen Atemzug massive Steuersenkungen fordern, ist an Unseriosität kaum zu überbieten und zeigt, dass für die FDP Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit Fremdwörter sind.
Die Schuldenbremse bindet die Ausgaben an die Einnahmen. Dies bedeutet aber nicht eine Entmündigung der Politik, wie von den Linken kolportiert. Vielmehr kann der Staat seinen Handlungsspielraum dadurch erweitern, dass er seine Einnahmen steigert, z. B. indem er umweltschädliche Subventionen abbaut, oder Ausnahmen von der Ökosteuer abschafft.
Die Leistungsfähigkeit des Staates wird durch die Qualität der öffentlichen Haushalte bestimmt. Staatliche Investitionen vergrößern das Wirtschafts- und Wachstumspotential. Daher sollten staatliche Investitionen über Kredite finanziert werden dürfen, wenn hierfür ein modernisierter Nettoinvestitionsbegriff zugrunde gelegt wird, in den selbstverständlich auch die Bildungsinvestitionen gehören. Darüber hinaus sollten in klar definierten Ausnahmesituationen, wie z. B. der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise, durch eine Kanzlermehrheit im Bundestag weitere außerordentliche Kredite möglich bleiben. Mit der Option solcher Abweichungen in Krisen bleibt die Politik ausreichend gewappnet, um flexibel die Konjunktur- und Wirtschaftspolitik zu steuern. Auch in der Krise kann die Schuldenbremse in Kraft treten und in Kraft bleiben, denn wenn die Schuldenbremse nicht immer funktionieren kann, dann funktioniert sie nie.
Mit dem Zukunftshaushaltsgesetz (im Internet unter Bundestagsdrucksachen 16/5955, 16/5954) hat die Bundestagsfaktion Bündnis 90/ Die Grünen ein umfassendes Paket konkreter Gesetzesänderungen vorgelegt. Wir brauchen eine verbindliche Schuldenregel so schnell wie möglich und nicht eine mutlose Verschiebung auf den Sankt Nimmerleinstag, wie die Koalition es vorschlägt.

Mit freundlichen Grüßen
Winfried Hermann

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