Frage an Winfried Bausback von Hartmut G. M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Minister Bausback,
in der BILD auf Seite 8 steht heute, dass Herr Ronald Schill sein erstes Koks von einem Mörder kaufte. Des Weiteren berichtet er über sexuelle Abenteuer und die Einnahmen von Drogen in Justizgebäuden. Wie ist sowas möglich?
Wie kann es sein, dass z.B. eine arme, alte, obdachlose Frau wegen schwarz fahren in das Gefängnis kommt, aber der reiche Herr Ecclestone nicht?
Ist es ihrer Meinung nach fair, dass man z.B. mit Schwarzfahrern so hart umgeht, wie in diesen Links beschrieben:
Selbst seriöse Medien wie der Deutschlandfunk schreiben zum Ecclestone-Urteil: Der Rechtsstaat wird zur Ramschware:
Ist es in Ihrer Meinung nach in Ordnung, wenn man die Großen laufen lässt, die Kleinen aber "hängt" ( nicht im wortwörtlichen sondern im sprichwörtlichen Sinne)? Sind Menschen mit wenig Geld nicht benachteiligt, wenn sie z.B. keine gute Sozialprognose ausgestellt bekommen, weil sie z.B. keine Arbeit haben? Und so m.W. seltener Bewährungen bzw. Freigang erhalten oder weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen können und so eine Ersatzfreiheitsstrafe bekommen?
In Skandinavien und im deutschen Bundesland Schleswig-Holstein, ist die Gefangenenquote laut Dünkel niedriger als in Bayern:
Was tun Sie, um das zu ändern? Wäre es nicht an der Zeit, bei kleinen Delikten und bei Ersatzfreiheitsstrafen Gnade walten zu lasse bzw. alternativ zu bestrafen? Dann müsste man auch nicht so viele Gefängnisse unterhalten bzw. sogar neu bauen.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut G. Mayer
Sehr geehrter Herr Mayer,
Sie haben über www.abgeordnetenwatch.de (Bayern) einige Fragen zu konkreten Fällen aus der Justiz und einige allgemeine strafrechtspolitische Fragen gestellt.
Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass ich mich als Bayerischer Justizminister nicht zu einzelnen Entscheidungen der Gerichte äußere. Dies gebietet schon der Respekt vor der richterlichen Unabhängigkeit. Hinzu kommt, dass die von Ihnen angesprochenen Fälle - soweit ersichtlich - überwiegend nicht von der bayerischen Justiz bearbeitet wurden, sondern in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Hamburg spielen. Soweit Sie das Ecclestone-Verfahren ansprechen, weise ich im Übrigen darauf hin, dass die Richter des Landgerichts München I die von ihnen getroffene Entscheidung ausführlich begründet haben (abrufbar unter http://www.justiz.bayern.de/olgm ).
Zu Ihrer Frage, ob es Auswirkungen auf die Aussetzung einer Strafe zur Bewährung haben kann, wenn der Täter kein Vermögen hat oder arbeitslos ist, ist Folgendes anzumerken: Bei der Frage, ob eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, kommt es vor allem darauf an, ob „zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird“ (§ 56 des Strafgesetzbuchs). Die dabei zu erstellende Sozialprognose ist eine komplexe Abwägung, in die viele Faktoren einfließen. Ein geregeltes Leben und eine feste Arbeit können dabei durchaus positiv berücksichtigt werden.
Was die von Ihnen angesprochenen Ersatzfreiheitsstrafen betrifft: Bei der Bemessung der Höhe einer Geldstrafe wird den Einkommensverhältnissen Rechnung getragen. Ein Verurteilter, der keine Arbeit und kein Einkommen hat, muss nur sehr geringe Geldstrafen bezahlen, die er zudem in Raten ab-bezahlen kann. Diese können bei Zahlungsschwierigkeiten auch gestundet werden. Wenn aber der Verurteilte dennoch seine Geldstrafe nicht bezahlt, so muss diese grundsätzlich in Form der Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden. Daneben gibt es aber auch andere Möglichkeiten wie z.B. das Programm „Schwitzen statt Sitzen“.
Die Frage nach der Gefangenenquote berührt wiederum in erster Linie die Spruchpraxis und damit die Unabhängigkeit der Gerichte. Anhaltspunkte dafür, dass die bayerischen Gerichte mit der Verhängung von Vollzugsstrafen nicht verantwortungsvoll umgingen, liegen mir nicht vor. Das geltende Recht bietet ausreichende Alternativen zur Verhängung und Vollstreckung von Freiheitsstrafen; in manchen Fällen ist die Verhängung von Vollzugsstrafen aller-dings auch bei Bagatelldelikten geboten.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Winfried Bausback, MdL