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Winfried Bausback
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Frage von Guido L. •

Frage an Winfried Bausback von Guido L. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Bausback,

die Süddeutsche Zeitung berichtet heute (siehe http://www.sueddeutsche.de/panorama/gerichtsverfahren-gerichte-geben-gutachtern-haeufig-tendenzen-vor-1.1881878 ), dass eine wissenschaftliche Studie (Doktorarbeit von Herrn Benedigt Jordan an der Ludwig-Maximilian-Universität in München) ergeben hat, dass fast 25 % der Gutachten für bayerische Gerichte tendeziell vom Gericht vorgegeben werden, was ich persönlich für erschreckend halte und was allen rechtsstaatlichen Prinzipien widerspricht.
Noch präziser beschreibt die Mißstände das Deutsche Ärtzeblatt in seiner jüngsten Ausgabe: http://www.aerzteblatt.de/archiv/154014/Gerichtsgutachten-Oft-wird-die-Tendenz-vorgegeben?src=search
In diesem Zusammenhang fällt mir der "Fall Gustl Mollath" ein.

Meine Fragen:

- Was gedenken Sie als verantwortlicher bayerischer Justizminister zu tun, damit derartige Mißstände an bayerischen Gerichten sofort(!) abgestellt werden?

- Gehen Sie mit mir konform, dass aufgrund der nun wissenschaftlich nachgewiesenen Tendenz-Gutachten (Fehlgutachten?) eine Vielzahl von richterlichen Urteilen aufgehoben und neu verhandelt werden müsste?

- Können Sie nachvollziehen, dass im Lichte der von Herrn Jordan aufgedeckten Mißstände nach wie vor kein Vertrauen in die bayerische Justiz entstehen kann?

Für die baldige, dezidierte Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich im Voraus und verbleibe

mit freundlichen Grüßen aus Eching (Lkr. Freising)
Guido Langenstück

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Langenstück,

In Ihrer E-Mail beziehen Sie sich auf eine Meldung der Süddeutschen Zeitung vom 7. Februar 2014, die sich mit einer wissenschaftlichen Studie der Ludwig-Maximilian-Universität München zu gerichtlichen Gutachten befasst.

Nach der Meldung hat etwa ein Viertel der befragten Gutachter angegeben, beim Gutachtenauftrag eine Tendenz signalisiert bekommen zu haben. Dies hat auch mich nachdenklich gestimmt. Die zitierte Studie ist allerdings bislang noch nicht vollständig veröffentlicht, so dass in meinem Haus noch keine umfassende Auswertung erfolgen konnte.

Einer unter http://www.aerzteblatt.de erschienenen Zusammenfassung der Studie entnehme ich die konkrete Fragestellung bezüglich eines Tendenzhinweises des Auftraggebers: Die Frage lautete "Wurde Ihnen bei einem Gutachtenauftrag schon einmal eine Tendenz signalisiert?". Von den Befragten gaben 23,3 Prozent an, dass dies in Einzelfällen der Fall gewesen sei. Daraus ist nicht abzuleiten, dass 23,3 Prozent der Gutachten "Tendenz-Gutachten" sind. Es gab für die Beantwortung der genannten Frage drei Möglichkeiten: Die Befragten konnten antworten: "noch nie", "in Einzelfällen" oder "häufig". Wenn also ein Gutachter von einem Auftraggeber in einem einzigen Fall in seinem - möglicherweise jahrzehntelangen - Berufsleben eine Tendenz vorgegeben bekommen hat, dann hat er die Rubrik "in Einzelfällen" angekreuzt. Allein aus dem Prozentsatz von 23,3 ist ein Schluss auf eine absolute Zahl von Tendenzvorgaben durch den Auftraggeber daher nicht möglich.

Für die Gerichte und Staatsanwaltschaften ist bei der Auswahl von Gutachtern nach geltendem Recht entscheidend, dass der Sachverständige die im konkreten Fall erforderliche, spezifische Sachkunde besitzt und ein belastbares und auch in einer etwaigen weiteren Instanz tragfähiges Gutachten zeitgerecht (Stichwort Beschleunigungsgrundsatz) zu Umständen erstellt, die sie mangels eigener Sachkunde tatsächlich selbst nicht hinreichend beurteilen können. Schon bei der Auswahl eines Sachverständigen ist dabei im Übrigen auch dem Beschuldigten bzw. (im Vollstreckungsverfahren) dem Verurteilten und ggf. dessen Verteidiger rechtliches Gehör zu gewähren. Vielfach werden mehrere in Betracht gezogene Gutachter zur Auswahl gestellt. Einwände gegen den oder die angedachten Gutachter können von den Beteiligten also bereits vor der Beauftragung eines Sachverständigen vorgebracht werden. Zusammengefasst: Für die Auswahl der Gutachter ist nach dem geltenden Recht die Qualität des Gutachtens sowie dessen zügige Erstellung maßgeblich. Die Sachverständigen müssen ihre Gutachten im Rahmen der ihnen erteilten Gutachtensaufträge nach selbstgewählten, dem Stand der Wissenschaft entsprechenden Methoden, unparteiisch und gewissenhaft erstatten.

Dabei sind selbstverständlich sowohl Staatsanwaltschaften als auch Gerichte zur Neutralität verpflichtet, und jeder Hinweis auf ein gewünschtes Ergebnis ist auch aus meiner Sicht keinesfalls akzeptabel. Ich möchte aber dem - möglicherweise auch bei Ihnen entstandenen - Eindruck entgegenwirken, dass eine große Anzahl von Gutachten mit einem bestimmten vorgegebenen Ergebnis in Auftrag gegeben wurden. Dies ergibt sich für mich - zumindest derzeit - aus der genannten Studie jedenfalls nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Winfried Bausback, MdL

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