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Frage von Wilfried v. L. •

Frage an Willi Brase von Wilfried v. L. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Brase,

werden Sie darauf hinwirken, dass die Regierung nicht mehr Geld ausgibt, als sie einnimmt und wenn ja, wie soll das nach Ihrer Konzeption erreicht werden?

Mit freundlichen Grüßen

Wilfried v. Lossow

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Antwort von
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Antwort an Wilfried von Lossow (Stichwort Schuldenmachen)

Ihre Frage zielt darauf, wie weiteres Schuldenmachen verhindert kann.
Prinzipiell besteht zwischen den Schulden der privaten Haushalte und den Schulden der Öffentlichen Hand ein erheblicher Unterschied. Wenn Bürger/innen mehr Geld ausgeben als sie einnehmen, verschulden sie sich immer weiter bis zur Zahlungsunfähigkeit. Die Öffentliche Hand kann dagegen kreditfinanzierte Investitionen tätigen, die ihr im Laufe der Jahre Einnahmen bringen (z.B. Einnahmen aus der Mineralölsteuer zur Bezahlung von Zinsen und Tilgung schuldenfinanzierter Investitionen im Straßenbau, Einnahmen aus Wassergebühren zur Finanzierung kreditfinanzierter Investitionen in die Kanalsanierung etc.). Es handelt sich dann um Schuldenaufnahme, die sich durch die dadurch erzielbaren Einnahmen refinanzieren, d.h. in längerfristiger Sicht abbauen („rentierliche Kredite“).
Aus gleichem Blickwinkel heraus kann die Öffentliche Hand in Zeiten schwacher oder krisenhafter Wirtschaftsentwicklung mehr ausgeben als sie einnimmt und mit den zusätzlichen Schulden z.B. Konjunkturprogramme auflegen und dadurch zur Ankurbelung der Wirtschaft beitragen, was wiederum zu mehr Beschäftigung, mehr Investitionen, mehr Konsumausgaben, weniger Ausgaben für Arbeitslose etc. etc führt. Wenn die Wirtschaftsbelebung dann eingetreten ist (d.h. in der Phase des selbst tragenden Aufschwungs), können die aufgehäuften Schulden abgebaut werden. Insofern sind kreditfinanzierte Ausgaben der Öffentlichen Hand prinzipiell nichts Schlechtes. Ich bin der Auffassung, dass solches sog. „keynesianisches deficit spending“, das von der USA im Anschluss an die Weltwirtschaftskrise durch die „New-Deal-Politik“ von Präsident Roosevelt höchst erfolgreich praktiziert worden ist, in der aktuellen krisenhaften Lage Deutschlands ebenfalls Erfolg versprechend und notwendig ist.
Die rotgrüne Bundesregierung hat sich nach dem Zusammenbruch der „New Economy“ im Jahr 2000 gegen diese Politik der Konjunktursteuerung entschieden. Vorschläge meinerseits in diese Richtung (z.B. durch Verwendung von Teilen der 100 Mrd. aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen für Investitionen in Bildung und Forschung), die ich seinerzeit in die Bundestagsfraktion eingebracht habe, wurden leider abgelehnt. Dies rächt sich nun.
Die Bundesregierung hat seit 2000 die Linie verfolgt, Konjunktursteuerung seitens des Staates sei angesichts der Globalisierung heute wirkungslos. Außerdem sei man an die strikte Einhaltung des Europäischen Stabilitätspaktes gebunden. In der Konsequenz müsste oberste Maxime der Finanzpolitik der Schuldenabbau und die Einsparung von Ausgaben sein.
Die SPD vertritt - leider heute erst - eine andere Linie. Im Wahlmanifest der Partei zur anstehenden Bundestagswahl werden erstmalig „Sparrunden … bei einem noch nicht gesicherten Aufschwung“ eine klare Absage erteilt und auf der Grundlage der inzwischen auf EU-Ebene durchgesetzten, wachstumsorientierten Neuinterpretation des Stabilitätspaktes, die im Manifest begrüßt wird, dessen „konjunktur- und wachstumsgerechte Anwendung“ befürwortet. Ich unterstütze diese entscheidende Kurskorrektur mit allem Nachdruck.