Frage an Willi Brase von Peter V. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Brase,
Wie stehen Sie zum geplanten Gesetz zum "Schutz der Gesellschaft vor kinderpornographischen Inhalten" durch die nicht öffentlich kontrollierbare Zensur des Internets durch eine exekutive Gewalt des deutschen Staates, welches Frau Minister von der Laien angeregt hat?
1) Werden Sie dem Gesetztesentwurf zustimmen?
2) Wenn ja, aus persönlicher Überzeugung oder aus Fraktionszwang?
3) Sehen Sie verfassungsrechtlichen Probleme
3a) bezüglich der Einschränkung der Informationsfreiheit?
3b) bezüglich der falschen Zuständigkeit des Bundes (Verbrechensprävention ist Ländersache)
3c) bezüglich der befürchteten Kriminalisierung von versehentlich Fehlgeleiteten, da das BKA die Stoppseitenaufrufe in Echtzeit empfangen und die Unschuld das anschließende Verfahren klären soll.
Mit freundlichen Grüßen,
Peter Vitt
Sehr geehrter Herr Vitt,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 8. Mai 2009, in dem Sie meinen Standpunkt zu dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen befragen.
Die Verbreitung von Kinderpornographie hat insbesondere im Internet in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen. Gleichzeitig ist eine Tendenz zu immer jüngeren Opfern festzustellen. Der kommerziellen Verbreitung über das Internet darf nicht tatenlos zugesehen werden. Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Deshalb ist es notwendig, den Zugang zu entsprechenden kinderpornographischen Internetangeboten von Deutschland aus zu sperren.
Sexuell orientierte Gewalt gegen Kinder und das Herstellen, Verbreiten und der Besitz von Kinderpornographie sind ein abscheuliches Vergehen. Ebenso wie die SPD-Bundestagsfraktion möchte auch ich einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung. Die Bekämpfung der Kinderpornographie durch Zugangssperren im Internet ist für mich dabei ein wesentlicher Baustein.
Der SPD-Bundestagsfraktion war bereits zu Beginn dieser Diskussion voll bewusst, dass sie sich in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und den hierdurch betroffenen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger bewegt. Deshalb wurde stets deutlich gemacht, dass für eine entsprechende Internetsperre eine gesetzliche Grundlage erforderlich ist, um rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen zu können. Wie Sie wissen, hat es ja vor kurzem vertragliche Vereinbarungen mit großen Internetprovidern gegeben, die jedoch rechtlichen Zweifeln unterliegen.
Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf wird das Ziel verfolgt, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Es ist bekannt, dass versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Entscheidend ist jedoch, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Dem dient neben der Sperrung einzelner Seiten die Umleitung auf eine Stoppseite mit entsprechenden Informationen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat durchgesetzt, dass es zum Gesetzentwurf am 27. Mai eine Anhörung des Wirtschaftsausschusses geben wird. Der Gesetzentwurf wirft zahlreiche inhaltliche und rechtliche Fragen auf, die in einem transparenten parlamentarischen Verfahren erörtert werden müssen. Damit wird auch die in Teilen der Internet-Community aufgeworfenen Kritikpunkte, die ihren Ausdruck in einer stark beachteten E-Petition gefunden haben, angemessen einbezogen und erörtert.
Die SPD-Fraktion wirbt dafür, sowohl das Thema Kinderpornographie als auch das freie Internet mit der gebotenen Sensibilität zu behandeln. Der wichtige Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und die Rechte der Internet-Nutzer müssen sich nicht ausschließen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wird insbesondere geprüft, an welchen Stellen der Gesetzentwurf in datenschutzrechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht verbessert werden kann.
Insoweit werden von der SPD-Bundestagsfraktion und auch von mir die verfassungsrechtlichen Probleme hinsichtlich der Einschränkung der Informationsfreiheit oder der Frage nach der strafrechtlichen Relevanz von versehentlich Fehlgeleiteten gesehen. All dies wird im parlamentarischen Verfahren gründlich geprüft.
Eins ist allerdings klar: Weitere Schritte sind erforderlich, um Kinderpornographie effektiv zu bekämpfen. Die SPD-Fraktion hat dazu mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung ein umfassendes Konzept mit weiteren konkreten Maßnahmen vorgelegt.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Brase