Frage an Wiebke Muhsal von Fred G.
Sehr geehrte Frau Muhsal,
die AfD fordert auf den Plakaten die Abschaffung/Beendigung von Schulexperimenten. Wie sieht für Sie bzw. die AfD eine optimale Schule aus?
Weiterhin ist Jena ein Standort mit verschiedenen Schulformen, die teilweise sehr unterschiedliche Ansätze verwenden. Was bedeutet die Beendigung von Schulexperimenten für die Stadt Jena?
Vielen Dank für Ihre Antwort
Mit freundlichen Grüßen
Lieber Herr Graupner,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Schule hat die Aufgabe, unseren Kindern Wissen und Können so zu vermitteln, daß Sie aus sich selbst heraus Verantwortung für sich und unsere Gesellschaft übernehmen können. Eine gute Schule sollte jedes Kind seinen Anlagen und Interessen gemäß fördern. Die beste Gewähr dafür bietet das gegliederte Schulsystem, da es eine wesentlich größere Differenzierung ermöglicht, als die Gemeinschaftsschule. Wir wollen die Regelschulen in ihrer praktischen Ausrichtung stärken und auch der momentanen Verflachung von Lerninhalten und Leistungsanforderungen entgegentreten. Die derzeitig politisch verordnete Abiturientenquote führt nicht nur zu ebendieser Verflachung, sondern auch zu einer Entwertung des Haupt- und Realschulabschlusses.
Als verfehlte Bildungsexperimente sehe ich auch die Abkehr von altbewährten Grundfähigkeiten, wie zum Beispiel, daß das Erlernen der Schreibschrift zum Grundwissen und -können eines jeden Schülers gehört, oder auch, daß Rechtschreibung und Grammatik von Anfang an richtig vermittelt werden und so gelernt werden können (derzeitige Bildungsmode an staatlichen Schulen mit desaströsen Folgen: »Lesen durch Schreiben«).
Glaubt man den Ergebnissen der Hattie-Studie, die 800 Metaanalysen, die ihrerseits über 50 000 Einzelstudien umfassen, danach auswertet, welche Faktoren sich auf den Lernerfolg der Schüler auswirken, haben alle Reformbemühungen der letzten 40 Jahren im Westen und 25 Jahre im Osten zu keinem besseren Bildungsoutput geführt – im Gegenteil. Die sogenannten äußeren Schulreformen (Schulform) und inneren Schulreformen (innere Organisationsentwicklung, selbständige Schule, Kompetenzorientierung, Lernen lernen etc.) haben zwar Milliarden gekostet, sowohl DM bzw. Euro als auch Stunden an Lebens- und Arbeitszeit von Lehrern und Schülern, aber außer Handlungsunsicherheit bei allen Beteiligten nichts vermocht. Erhardt Bödecker hat mal gesagt: “Noch nie haben so viele Menschen so lange Schulen und Universitäten besucht, um so wenig dabei zu lernen.“
Wir müssen lernen, des Wichtige vom Unwichtigen zu trennen und dieses Wissen dann auch umsetzen – auch in den Jenenser Schulen. Bildungsmethoden dürfen nicht zur Beliebigkeit führen – am Ende muß immer stehen, daß ein Kind ein bestimmtes Lernziel, zum Beispiel Schreibschrift orthographisch korrekt schreiben zu können, erreicht. Die Beendigung von Bildungsexperimenten bedeutet deshalb auch für die Schulen in Jena, daß diese Standards unabhängig von der Schulform eingehalten werden müssen. Eltern sollen sich darauf verlassen können, daß die Schulen ihren Bildungsauftrag auch wahrnehmen.
Mit freundlichem Gruß
Wiebke Muhsal