Sehr geehrte Frau Brems, wie ist Ihre persönliche Meinung zu gendersensibler Sprache?
Sehr geehrte Frau Brems,
ich möchte Sie gerne fragen, wie Ihre Haltung zur gendersensiblen Sprache ist. Denken Sie, es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung, da sich hierbei auch Menschen angesprochen fühlen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, oder empfinden Sie die Debatte darum eher irrelevant bzw. deplatziert? Nutzen Sie eventuell selbst gendersensible Sprache in Form von Sternchen, Unterstrichen, Doppelpunkt oder lehnen Sie diese ab?
Auf Ihre ausführliche Antwort freue ich mich sehr !
Mit freundlichen Grüßen
Alina M.
Guten Tag Alina M.,
vielen Dank für Ihre Frage zu gendersensibler Sprache. Wir GRÜNEN haben bereits vor Jahren den Beschluss gefasst, gendersensible Sprache zu benutzen. Uns ist wichtig, sprachlich alle Geschlechter abzubilden. Dabei haben wir uns - neben Neutralisierungen wie z.B. substantivierte Adjektive oder Partizipien im Plural - auf das Gendern durch den sogenannten Gender-Stern geeinigt. Es geht uns dabei nicht um eine ritualisierte Stilübung in „Political Correctness“ sondern darum, unserem Anspruch gerecht zu werden, Geschlechtergerechtigkeit selbstverständlich auch zu leben.
Außerdem wird so unsere Sicht auf die Geschlechterverhältnisse auch sprachlich zum Ausdruck gebracht. Denn es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Sprache unser Denken formt und dass das generische Maskulinum bei den Lesenden kognitiv eben nicht automatisch die Frauen mit-meint und mit-denkt.
Geschlechtergerecht zu formulieren bedeutet, auch Frauen in der Sprache sicht- und hörbar zu machen und sie nicht durch „Verschweigen“ auszugrenzen oder unsichtbar zu machen. Durch die Verwendung des sogenannten Gender-Sternchens werden auch die LGBTIQ*-Menschen mit einbezogen, die sich nicht in ein binäres System der Geschlechter einordnen können oder wollen.
Wenn wir Texte in geschlechtergerechter Sprache verfassen, müssen wir bewusst mit Sprache umgehen und die Bereitschaft haben, uns mit den Geschlechterrollen und ihren impliziten Zuschreibungen auseinanderzusetzen. Der Vorteil liegt für uns GRÜNE auf der Hand: Unsere Texte werden genauer und unser Blick auf das jeweilige Thema wird weiter.
Ihre Frage kann ich also ganz klar mit „ja“ beantworten: Sichtbarmachung durch Sprache ist ein Baustein, um geschlechtliche Vielfalt deutlich zu machen. Das Mitdenken (und Mitsprechen) aller Geschlechter in der Sprache führt langfristig zu mehr Gleichberechtigung. Die Debatte darum ist elementar, um der Vielfalt in unserer Gesellschaft Rechnung zu tragen und um für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen.
Daher nutze ich in meinem Alltag weitestgehend gendersensible Sprache und verwende in Texten überwiegend den Genderstar. Ich betrachte ihn als eine Möglichkeit unter vielen Formen der gendersensiblen Sprache. Denn viel wichtiger als die Frage, ob wir für oder gegen das Gendern sind, ist doch, dass wir uns grundsätzlich über eine inklusive und diskriminierungsfreie Sprache austauschen. Wir sollten uns darüber Gedanken machen, dass Sprache Realität schafft und abbildet und dass Sprache auch verletzen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Wibke Brems