Frage an Werner Wölfle von Norbert M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wölfle,
nach meiner Kenntnis haben Sie am 25.11.2009 dem Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb einer Ethylen-Rohrleitungsanlage in Baden-Württemberg wie alle Ihre Fraktionskollegen/innen zugestimmt. Dazu habe ich folgende Fragen an Sie:
1. Waren Sie sich bei Ihrer Zustimmung zu diesem Gesetz im Klaren darüber, dass Sie damit ein hoch gefährliches Pipeline-Projekt ermöglichen und die betroffenen Anwohner dadurch einer erheblichen Gefährdung aussetzen?
2. Haben Sie sich vor Ihrer Zustimmung mit der Möglichkeit einer nie ausschließbaren Leckage, die im schlimmsten Fall zu einem Inferno mit katastrophalen Folgen führen kann, auseinandergesetzt?
3. Hat in Ihrer Fraktion jemand ernsthaft versucht, eine Haftung des Betreibers oder des Landes in unbegrenzter Höhe durchzusetzen?
4. Wieso gibt es bis heute keine erkennbare Katastrophenschutzplanung für dieses Projekt?
5. Das Land Baden-Württemberg und die Betreiberfirma EPS fügen den Eigentümern von bebauten und unbebauten Grundstücken entlang der Pipeline mit Inbetriebnahme derselben einen beträchtlichen finanziellen Schaden zu, da die angrenzenden Grundstücke wegen der Gefährlichkeit des durchgeleiteten druckverflüssigten und hoch entzündlichen Ethylens erheblich an Wert verlieren. Was werden Sie unternehmen, um den betroffenen Mitbürgern für die zu erwartende Wertminderung ihrer Grundstücke einen finanziellen Ausgleich zu sichern?
6. Sind Sie sich bewusst, dass mit Ihrer Zustimmung zu diesem Gesetz das Recht jeder Bürgerin und jedes Bürgers auf Schutz des Eigentums und der körperlichen Unversehrtheit schon jetzt und im Katastrophenfall in noch höherem Maße verletzt wird?
7. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Landtag von Baden-Württemberg dieses bürgerfeindliche Gesetz schnellstens zurücknimmt oder zumindest in wesentlichen Punkten novelliert, um das in hohem Maße zerstörte Vertrauen zwischen Wählerschaft und Gewählten wieder in Ordnung zu bringen?
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
gerne beantworte ich Ihre Fragen zum Bau der Ethylen Pipeline Süd.
Innerhalb der Grünen Landtagsfraktion haben wir das Vorhaben ausführlich diskutiert.
Grundsätzlich halten wir es durchaus für sinnvoll, dass der Transport gefährlicher Stoffe auf der Straße vermieden werden soll. Zur Beurteilung der Risiken standen uns nicht nur verschiedene Gutachten zur Verfügung, auch die Bedenken und Fragen, die von Ihrer Bürgerinitiative und anderen Anwohnern gekommen waren haben wir selbstverständlich in unsere Abwägung mit einbezogen.
In Untersuchungen des Öko- Instituts e.V. wurde festgestellt, dass die Planungen dem Stand der Technik und den erforderlichen Sicherheitsbestimmungen entsprechen. Maßnahmen für Schadensfälle sind im erforderlichen Umfang vorgesehen, so dass eine Leckage mit den von Ihnen beschriebenen Folgen nicht eintreten kann.
Bezüglich der Haftungsfrage konnten wir seitens unserer Fraktion keine Änderung bewirken.
Dem Gesetz zu Errichtung und Betrieb der Pipeline hat die Grüne Fraktion erst zugestimmt, nachdem der Betreiber weitere Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern durchgeführt hatte und Enteignungen auf diese Weise fast ganz vermieden werden konnten. Eine Wertminderung der benachbarten Grundstücke ist unserer Ansicht nach nicht zu erwarten. Auch muss ich Ihrer Aussage widersprechen, dass Anwohner in ihrem Eigentumsrecht oder in ihrem Recht auf Unversehrtheit beschränkt werden. Dies ist nicht richtig.
Die Grüne Fraktion hat dem Gesetz nach ausführlicher Beratung zugestimmt, Ihre bereits zum damaligen Zeitpunkt zu Recht vorgebrachten Bedenken konnten aus meiner Sicht überzeugend entkräftetet werden. Nachdem keine neuen Erkenntnisse vorliegen, sehe ich keine Veranlassung meine Einschätzung zu ändern und mich für eine Nivellierung des Gesetzes einzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Wölfle