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Frage von Ralf O. •

Frage an Werner Hoyer von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Dr. Hoyer,

1) Angela Merkel hat sich gegen eine Erweiterung der G-8 in eine G-9(z.B.mit China, wie von Schröder vorgeschlagen) oder G-10 (mit Indien) ausgesprochen.Bereuen die G-7 schon einen Präzedenzfall mit Russland geschaffen zu haben oder wo liegen die Gründe und Argumente gegen eine Ausweitung um Asiens beide wichtigste Staaten?Schließen sie selbst das kategorisch aus oder nur mittelfristig, da sich die internationale Gemeinschaft auch den verschiedenden Kräfteverhältnissen anpassen muss?

2)Was halten sie von dem Vorschlag des US-Präsidentschaftskanidaten Guiliani die NATO nicht nur von der Reichweite, sondern auch von der Mitgliedschaft global zu gestalten.Inwieweit ist dies realistisch, wünschenswert oder gar schlecht für Europa?Sehen sie Grenzen von NATO- und EU-Mitgliedschaft, bzw. ab wann würden sie beiden saturiert sehen?

3) Ein schlimmes Versäumnis beim G-8-Gipfel war die Negierung einer Kontrolle der Hedge Fonds und die Vernachlässigung einer Reform des weltweiten Finanzsytems.Gerade die FDP ist ja die Partei, die am vehementesten für den freien Fluß von Kapital eintritt.Die jetzige Finanzkrise ist wohl Ausdruck dessen.Für wie wichtig halten sie noch IWF und Weltbank, bzw. was wären ihre Vortstellungen einer eventuellen Reform (ähnlich wie bei der G-8 würde sich die Frage nach den erheblichen Devisenreserven Chinas, Indiens und Rußlands stellen).Dazu fällt auf, daß die Börsencrashs und Finanzkrisen 1987, 1997/98 und 2007 scheinbar einem 10-jährigen Zyklus zu folgen scheinen.Oder halten sie dies eher für Zufall?

4)Wie beurteilen sie die weitere Entwicklung der WTO?Steckt sie in einer Krise mit der Gefahr des Rückfalls in Handelsblöcke oder beurteilen sie das optimistischer?Macht die aufzeihende Finanzkrise der USA kombiniert mit einer Krise der WTO-Verhandlungen die Sache nicht gefährlich?

MfG

Ralf Ostner

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Ostner,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zu diversen außenpolitischen Themen. Obwohl Ihre Mail zunächst von den verantwortlichen Redakteuren der Website moderiert wurde, habe ich mich trotzdem bemüht, Ihren umfangreichen Fragenkatalog zu beantworten. Bei der Fülle der aufgeworfenen Fragen erlaube ich mir jedoch, zusammenfassend auf die von Ihnen angesprochenen Themengebiete einzugehen.

1) zur Situation der G8:

Nach Meinung der FDP-Bundestagsfraktion darf bei sämtlichen Fragen bezüglich einer weiteren Ausgestaltung der "Gruppe der Acht" die bei der Gründung intendierte Werteorientierung der Organisation nicht vergessen werden. Ursprünglich war die G8 als Zusammenschluss der wirtschaftlich stärksten Demokratien gedacht, deren demokratisch gewählte Regierungsvertreter bei jährlich stattfindenden Meetings Fragen der Welt- und Wirtschaftspolitik konsensual, das heißt einvernehmlich, beraten sollten.

Der auf dem G8-Gipfel 2007 angestoßene Prozess der Einbeziehung der aufstrebenden Schwellenländer Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika in eine "neue Partnerschaft" geht nach Auffassung der FDP-Bundestagsfraktion in die richtige Richtung. Wir brauchen eine weitergehende Entwicklungsoffensive mit dem Ziel einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Schwellenländern.

Ich schließe nicht aus, dass sich die G8 früher oder später den sich ändernden wirtschaftlichen Verhältnissen wird anpassen müssen, doch sollte bei dieser Frage nicht allein das wirtschaftliche Kräfteverhältnis der Nationen entscheidend sein. Die Orientierung hin zu freiem Handel und aufklärerischen Werten wie Demokratie, Toleranz sowie die Sicherung der Freiheit und Würde des Einzelnen - oder ganz allgemein "Good Governance" - sollten nicht zu unterschätzende Kriterien sein, um als Mitglied in der "Gruppe der Acht" aufgenommen zu werden. Ich stimme insofern mit Ihnen überein, als ein stärkerer institutioneller Wandel in der Struktur der G8 - wie auch anderer Global-Governance-Einrichtungen - durch wachsende ökonomische Potentiale immer erforderlicher erscheint.

2) zur künftigen Ausrichtung der NATO:

Liberale Sicherheitspolitik konzentriert sich darauf, Europa in die Lage zu versetzen, Konfliktfällen vorzubeugen und gegebenenfalls schnell, gemeinsam und flexibel zu reagieren. Primär geht es darum, durch politische und andere geeignete Maßnahmen bewaffnete Konflikte zu vermeiden.

Die NATO ist dabei Ausdruck der Werte- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen Europa und Nordamerika und als System kollektiver Verteidigung gleichzeitig der Sicherheitsanker für Europa. Aus nationaler und europäischer Interessenlage ist einerseits die NATO zu stärken, andererseits brauchen wir jedoch mehr europäisches Gewicht innerhalb des Bündnisses. Deshalb ist der Ausbau der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu forcieren.

Nach Meinung der FDP-Bundestagsfraktion sollte daher zunächst eine Weiterentwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht nur auf militärischem, sondern auch auf zivilem Gebiet Vorrang haben, bevor über eine globale Ausdehnung der NATO - wie von Ihnen angesprochen - nachgedacht wird.

3) zur Bedeutung der IWF/Weltbank:

Die Weltbank verfügt wahrscheinlich über das meiste Know-How im Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Sie sollte dieses Wissen zur Beratung und Kontrolle bei der Vergabe weltweiter Entwicklungszusammenarbeit nutzen. Betrachtet man die in den kommenden Jahren anwachsenden Ausgaben in dem Bereich sowie bereits bestehende Fehlinvestitionen, Misswirtschaft und Korruption, könnte die Weltbank eine Kontrollfunktion übernehmen. Vorstellbar ist, die Weltbank als Schiedsrichter zur Überprüfung von "Good Governance"-Kriterien zu nutzen.

Eine aus liberaler Sicht dringend erforderliche Reform beträfe die Verfahren zur personellen Besetzung der Spitzenpositionen sowie die Stimmgewichtung von IWF und Weltbank, die sich unserer Meinung nach verändern müssen. Es kann nicht sein, dass die Weltbank Demokratie und Transparenz einfordert, sich selber aber nicht an diese Maßstäbe hält.

4) zur Entwicklung der WTO:

Als exportorientierte Volkswirtschaft ist Deutschland auf offene Märkte und Wettbewerb angewiesen. Deswegen fordert die FDP-Bundestagsfraktion, dass sich die EU im Rahmen der WTO für den Erhalt des multilateralen Welthandelssystems einsetzt. Die FDP-Bundestagsfraktion fordert eine unverzügliche Wiederaufnahme der WTO-Verhandlungen. Um diese Verhandlungen wieder zu beleben, schlägt die FDP-Bundestagsfraktion vor, den WTO-Generalsekretär als Schlichter einzusetzen. Deshalb setzen sich die Liberalen für ein unabhängiges Europäisches Kartellamt und internationale Wettbewerbsregeln unter dem Dach der WTO ein. Einem Rückfall in Wirtschaftsnationalismen muss ein Riegel vorgeschoben werden.

Ich hoffe, dass ich mit meinen Antworten Ihre Fragen hinreichend abdecken konnte. Bei weiteren Fragen können Sie sich jederzeit gerne an mich und mein Büro wenden. Bis dahin verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Dr. Werner Hoyer