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Frage von Martin H. •

Frage an Werner Hoyer von Martin H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Hoyer,

In den USA hat die Unterstützung für den Afghanistan-Krieg der NATO in
den letzten Monaten deutlich abgenommen (vgl.
http://www.nytimes.com/2009/09/03/world/asia/03policy.html?_r=1&hp
). Präsident Obama braucht inzwischen die Unterstützung von republikanischen
Hardlinern wie McCain, um seine Pläne einer Truppenverstärkung
durchzusetzen, aber selbst einflussreiche Konservative wie der Kolumnist
George Will sind inzwischen für einen Rückzug.

Meine Frage: Würden Sie die weitere Präsenz der Bundeswehr in
Afghanistan auch dann unterstützen, wenn die USA ihre Truppen abziehen?
Muss Deutschland seine Sicherheit am Hindukusch zur Not auch allein, oder
jedenfalls ohne die USA verteidigen?

Wenn die Antwort darauf nein sein sollte, schließt sich die nächste
Frage an: Finden Sie es in Ordnung, dass die amerikanische öffentliche
Meinung mehr über Bundeswehreinsätze zu sagen hat als die deutsche
öffentliche Meinung (die ohnehin seit längerem gegen den Krieg ist, vgl.
zuletzt U. Ladurner in der ZEIT vom 27.8.2009, http://www.zeit.de/2009/36/01-Afghanistan )?

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Prof. Dr. Martin Haspelmath (Leipzig)

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Professor Haspelmath,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Mit Interesse habe ich die Artikel gelesen, auf die Sie in Ihrer Anfrage verweisen. Einige der dort angeführten Punkte teile ich ausdrücklich - z.B. dass gerade in den Jahren 2002 bis 2004 eine große Chance Bestand, die Rechtsstaatlichkeit und damit die Wertschätzung staatlicher Institutionen im Land stärker zu fördern; oder auch die Kritik an den von vornherein unrealistischen Hoffnungen, man könne Afghanistan in kürzester Zeit in eine Art "Westminister-Demokratie" umwandeln. Die damalige rot-grüne Bundesregierung hat alles getan, diese Fehleinschätzungen zu befördern, auch deshalb, weil man sich schmerzhaften Fragen hinsichtlich der Grenzen des sog. "society building" als Teil des "nation building" in Bezug auf die afghanische Gesellschaft nicht stellen wollte. Dies wurde auch unter CDU/CSU und SPD nicht verändert, was dazu geführt hat, dass Anspruch und Wirklichkeit unseres Engagements immer weiter auseinanderklaffen, was selbstverständlich in unserer Öffentlichkeit registriert und entsprechend bewertet wird.

Ausdrücklich anderer Meinung bin ich allerdings hinsichtlich der Schlüsse, die aus dieser Beobachtung zu ziehen sind. Man sollte nicht den Eindruck erwecken, als wären „Exit-Strategie“ oder „Bekenntnis zum Engagement“ Alternativen, die zum gleichen Ziel führten. Jetzt aus Afghanistan abzuziehen, hieße, das Land wieder radikalen Islamisten zu überlassen, die erst die eigene Bevölkerung terrorisieren und dann den Terror in die Welt tragen. Die Bilder von öffentlichen Hinrichtungen und die Zerstörung religiöser Stätten durch die Taliban sind mir noch ebenso gut im Gedächtnis wie der 11. September 2001. Beides darf es in Zukunft nicht mehr geben. Dass man dies nicht dauerhaft von außen garantieren kann, ist vollkommen klar. Genauso klar ist für uns Liberale, dass wir jeden Bundeswehreinsatz so schnell wie möglich wieder beenden wollen. Deshalb müssen die Afghanen in die Lage versetzt werden, selbst für die Sicherheit in ihrem Land zu sorgen, damit die Entwicklung in anderen Bereichen weiter voranschreiten kann. Dann wird auch der Zeitpunkt gekommen sein, einen schrittweisen Abzug der internationalen Truppenpräsenz in Afghanistan einzuleiten. Ich bin sehr sicher, dass dies auch in den USA in ähnlicher Art und Weise gesehen wird und sich deshalb die Frage eines vorzeitigen Abzuges dort nicht stellen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Werner Hoyer