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Frage von Steffen S. •

Frage an Walter Riester von Steffen S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Riester,

als Kandidat in meinem Wahlkreis habe ich einige Fragen deren Beantwortung darüber mitentscheidet ob sie meine Stimme (und evtl. die meiner Fliegerkammerad(in)en und weiterer Freunde des Luftsports) erhalten werden.

Die Fragen betreffen zwei Themenbereiche durch welche mehrere zehntausend Luftfahrer seit kurzem massiv gegängelt werden (um es mal milde auszudrücken). Leider geraten dadurch auch Arbeitsplätze in Gefahr welche direkt oder indirekt mit der Fliegerei zu tun haben.

Problemfeld 1:
Seit kuzem muß sich jeder Inhaber einer deutschen Pilotenlizenz laut §7 Luftsig einer Zuverlässigkeitsprüfung periodisch unterziehen wann immer es der entsprechenden Behörde gerade in den Sinn kommt, denn die in §7 angekündigte Regelung der Details wie Wiederholungszeitraum... durch den Bundesrat gibt es nicht. Genauso wenig gibt es die im selben Paragraphen durch den Bundesrat festzulegenden Kriterien die als Grundlage Zuverlässigkeitsprüfung dienen sollen. Auch hier entscheiden die Behörden vollig willkürlich nach eigenem ermessen, eine Rechtssicherheit gibt es nicht. Unverschämter weise werden die Luftfahrer durch die Behörden unter Androhung des Lizenzentzuges (da man durch Nichtstellen des Antrags automatisch als unzuverlässig gilt, und wer weiß schon wo das dann wieder gespeichert wird und welche Auswirkungen dies dann auf die nächste Auslandsreise oder Verkehrskontrolle hat) gezwungen einen entsprechenden Antrag ´freiwillig´ zu stellen (selbstverständlich kostenpflichtig).
Was werden Sie direkt nach der Wahl gegen diesen Erpressungsversuch durch Behörden unternehmen?

Dieser Antrag nötigt die Luftfahrer ohne Rechtsgrundlage zu Aufgabe des Datenschutzes, damit sämtliche Behörden bis hin zu den Geheimdiensten Ihre Daten über mich austauschen dürfen um dann willkürlich nach eigenem gutdünken (es gibt keine festgelegten Zuverlässigkeitskriterien) darüber zu entscheiden ob Zweifel an meiner Zuverlässigkeit verbleiben. Die Stasi würde vor Neid erblassen.
Was werden sie gegen diesen Eingriff in die Rechte rechtschaffener harmloser Bürger direkt nach der Wahl unternehmen?

Durch diese Vorgehensweise wird die Unschuldsvermutung als wichtigem Rechtsgrundsatz in diesem Lande kurzerhand ausgehebelt.
Was werden Sie direkt nach der Wahl dagegen unternehmen?

Steht jetzt die Minderheit der Piloten mit deutscher Fluglizenz auf der Liste der potentiellen Terroristen?
Das wäre eine ungeheuerliche Unterstellung. Bisher gab es noch keinen einzigen Terroranschlag von Piloten mit gültiger Lizenz (aktuell wird aber gerade diese Minderheit durch die Behörden diskriminiert), dagegen jede Menge Anschläge mit PKW, LKW, Rucksack, Sprengstoffgürtel,...
Werden nun in Kürze also alle LKW-Fahrer, PKW-Fahrer, Rucksackträger,... auf gleiche Weise durchleuchte oder bleibt es bei der Ungleichbehandlung der Piloten mit deutscher Lizenz und was werden Sie direkt nach der Wahl gegen diese Ungerechtigkeiten unternehmen?

Stellen Sie sich vor eine künftige radikale Regierung findet solche "Notstandgesetze" bereits vor, ist das nicht angsteinflößend? Glauben Sie ein Terrorist würde sich die Mühe machen eine deutsche Flug-Lizenz zu erwerben ? Sind Sie der Meinung, dass hier das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist? Sind Sie der Meinung, dass so die Würde des Menschen unangetastet bleibt? Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen? Freiheit und Demokratie und Menschenwürde werden sie geschützt indem man sie schleichend abschafft?

Diese Fragen ergeben mich fast zwangsläufig aus den populistischen und von Inkompetenz geprägten Äusserungen welche von führenden Potitikern offensichtlich im Hinblick auf die kommende Wahl in schamloser Weise öffentlich verbreitet wurden, nachdem sich ein Selbstmörder auf einer Wiese in Berlin mit einem Ultraleichtfugzeug umgebracht hat.

Wie stehen Sie zur Aufstellung von Luftabwehrraketen im zivilem Umfeld? Wie stehen Sie zum Abschuß von zivilen Flugzeugen durch die Bundeswehr? Wie stehen Sie zu der Forderung die Bundeswehr quasi in polizeilichen Aufgaben mit einzubeziehen? Wie stehen Sie zu dem Trend, daß in zunehmendem Maße bei diversen Veranstaltungen ausgerechnet für Kleinflugzeuge ein ausgedehntes Serrgebiet eingerichtet wird ? Glauben Sie wirklich ein Selbstmörder oder Terrrorist könnte durch so ein Verbot von seiner Tat abgehalten werden?

Das erinnert mich auch an die Sperrgebiete um die deutschen AKW´s für Sichtflieger. Jetzt kann sich jeder potentielle Terrorist mit Internetzugang die genauen GPS-Koordinaten der deutschen AKW´s aus dem Internet herunterladen und in seine potentielle Rakete für den Angriff einprogrammieren, da jene dort ordnungsgemäß veröffentlicht wurden damit diese von den gesetzestreuen Piloten auch umflogen werden können. Welch ein Sicherheitsgewinn!
Da hätte ich noch einen Vorschlag zu einem Schild an den Parklätzen in der Nähe von Banken: "Parken für Bankräuber verboten", das wäre sicherlich mindestens genauso wirkungsvoll.

Bitte entschuldigen Sie, daß ich an dieser Stelle etwas abgeschweift bin und lassen Sie sich davon bitte nicht abhalten die wirklich ernst gemeinten Fragen zu beantworten.

Hier noch die Paragraphen welche uns den Unfug eingebrockt haben und die Frage, Was werden Sie direkt nach der Wahl dagegen unternehmen?

Laut § 7 (2) LuftSiG erfolgt die Überprüfung erfolgt auf Antrag des Betroffenen, d.h. freiwillig.

Laut LuftSiG §17 (1) "regelt das Bundesministerium des Innern durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Zuverlässigkeitsüberprüfung". Diese Durchführungsverordnung gibt es nicht. Für eine Überprüfung ohne DVO fehlt die Rechtsgrundlage.

Laut § 7 (6) LuftSiG bleibt die Lizenz nur erhalten, wenn keine Zweifel an der Zuverlässigkeit bestehen (Umkehr der Beweislast, Abkehr von der Unschuldsvermutung). Die Zuverlässigkeitskriterien sind nicht bekannt. Dieser Zustand widerspricht dem in Art. 103 (2) GG verankerten Grundsatz "Keine Strafe für eine Tat, deren Strafbarkeit zum Zeitpunkt der Tat gesetzlich nicht bestimmt war".

Nach § 7 (6) LuftSiG erfolgt ein weitgehender Datenaustausch verschiedenster Behörden. Dazu wird das nach § 4 Abs.1 BDSG notwendige freiwillige Einverständnis erzwungen, auf den Schutz durch das Bundesdatenschutzgesetz zu verzichten, dessen ausdrücklicher Zweck es ist, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird, §1 Abs.1 BDSG.

Probemfeld 2:
"JAR-FCL 3 deutsch". Hier geht es um die Gesundheitsprüfung der Piloten.
Obwohl wissenschaftlich nachgewiesen ist, daß Aufgrund mangelnder Gesundheit der Piloten praktisch keine Unfälle verursacht werden, wurde hierzulande ein monströses bürokratisches Regelwerk, welches ursprünglich eigentlich für die gewerbliche Luftfahrt vorgesehen war, auf alle Luftfahrer losgelassen. Im Land mit den meisten Privatpiloten (USA) gibt es dies mangels Relevanz so z.B. nicht. In anderen Ländern reicht ein Besuch beim Hausarzt der sicherlich feststellen kann ob jemand gesundheitlich angeschlagen ist oder nicht. Die Kriterien für Luftfahrer wurden nicht nur durch die Abschaffung des Medical Klasse 3 (nach den internationalen Regeln der ICAO) in Deutschland und Einführung von JAR FCL 3 deutsch drastisch erschwert, es wurde auch noch falsch aus dem englischen übersetzt was die Lage für den normalen Luftfahrer noch verschärft hat. Selbst eine Grippeimpfung oder simple Schwangerschaft führt nach wortwörtlicher Auslegung dieses irrealen Bürokratenmachwerks zu sofortigem Ruhen der Pilotenlizenz.
Was werden Sie direkt nach der Wahl dagegen unternehmen?

Weitere Probleme liegen in der Anwendung der neuen Regelungen selbst. Da wird man als Proband dazu genötigt quasi einen ´Blankoscheck´ für die Kostenübernahme für beliebige nicht übersehbare Folge-Untersuchungen zu unterschreiben, bei Weigerung bekommt man kein Medical und darf nicht mehr Fliegen. Leider sind schon einige Fälle bekannt geworden, bei denen die Betroffenen maßlos abgezockt wurden. Allein für den Aktenversand durch Behörden wurden schon Beträge von 240 bzw. 650 Euro in Rechnung gestellt, Ärztliche Zusatzuntersuchungen liegen nicht selten im vierstelligen Bereich. Auch hier fehlen bundesweit einheitlichen Gebührenfestsetzungen, die einen derartige Abzocke verhindern könnten.
Was werden Sie dagegen direkt nach der Wahl unternehmen?

Ein weiteres Problem liegt im Datenschutz. Da wird man als Proband gezwungen neben Fragen zu den eigenen medizinischen und persönlichen Verhältnissen, Medizinische Daten von nahen Verwandten, das Verhältnis zu Versicherungen,... (es gibt da einen Fragenkatalog mit fast 100 Fragen den Sie sich mal anschauen sollten) zu beantworten. Das wäre nicht so schlimm, wenn die Daten beim Arzt selber entsprechend seiner Schweigepflicht verbleiben würden. Leider wurde auch diese durch die neuen Regeln ausgehebelt was nicht nur das Vertrauen in den Arzt zunichte macht. Der Fliegerarzt übermittelt den Behörden zwangsweise nicht nur den Bescheid ob jemand tauglich ist, nein der Arzt muß den Behörden das Ergebnis des gesamten Fragenkataloges und die Befunde schriftlich und zusätzlich auch noch elektronisch per Computer übermitteln.
Was werden Sie gegen die Untergrabung der Ärztlichen Schweigepflicht und des Datenschutzes in diesem Zusammenhang direkt nach der Wahl unternehmen?

Es ist auch völlig unklar was mit den Daten in den Behörden selbst geschieht, wie diese gespeichert werden, wer darauf Zugriff hat,...
Was werden Sie direkt nach der Wahl unternehmen um den Datenschutz zu gewährleisten und den Mißbrauch der Daten zu verhindern?

Leider scheint noch nicht einmal Herr Dr. Kirklies, welcher maßgeblich an der Einführung dieser Regeln beteiligt war, zu wissen was denn nun fluguntauglich macht. Auf Anfragen von verschiedenen Personen zu einem Theme sind da leider verschiedene Antworten erfolgt, was die Lage nicht gerade vereinfacht. Sie können dies z.B. unter www.jar-contra.de in der Rubrik Flugtauglichkeit nachlesen. Was passiert z.B. wenn bei einem der seltenen Luftfahrt-Unfälle eine Versicherung nicht zahlen will und dann versucht anhand der nicht vorhandenen Rechtssicherheit dem betroffenen Piloten daraus einen Strick zu drehen?
Was werden Sie direkt nach der Wahl gegen diese Rechtsunsicherheit unternehmen?

Weitergehende Informationen zu diesen Themen finden Sie hier:
www.fliegerarztverband.de www.jar-conta.de z.B. Rubrik Flugtauglichkeit oder Flugsicherheit pilotundflugzeug.de www.fotokalender-segelfliegen.de www.aopa.de www.lba.de in der Rubrik JAR-FCL

Wenn Sie sich von der aktuellen Stimmungslage der Luftfahrer ein Bild machen wollen würde ich Ihnen das externe Forum AT unter www.jar-conta.de ans Herz legen, lassen Sie sich von den vereinzelt auch unverhältnismäßigen Wortmeldungen, wie sie in jedem öffentlichen Forum auftreten, nicht abhalten, Sie werden sehr viele aufschlußreiche Informationen finden.

Allein anhand der beiden genannten Problemfelder tun sich doch schon ungeheure Möglichkeiten zum viel beschworenen Bürokratieabbau auf. Was werden Sie direkt nach der Wahl diesbezüglich unternehmen?

Von den Regelungen sind aktuell mehrere zehntausende Piloten und Bürger betroffen.

Bitte teilen Sie mir mit was Sie direkt nach der Wahl bezüglich der genannten Punkte im Sinne der Betroffenen unternehmen werden.
Ihre Antworten werden in Fliegerkreisen und entsprechenden Internetseiten veröffentlicht werden.

Sollten Sie bisher noch wenig Kontakt mit Fliegerkreisen haben besuchen Sie doch einfach mal einen Flugplatz in Ihrer Nähe oder z.B. das Oldtimer-Fliegertreffen auf der Hahnweide am ersten Septemberwochenende www.oldtimer-hahnweide.de Wenn Sie kleinere Veranstaltungen lieber mögen wie wäre es z.B. mit einem Rundflug vom Flugplatz Gruibingen-Nortel beim Flugplatzfest am selben Wochenende? www.aeroclub-gs.de Dort können Sie sich von der Harmlosigkeit der Luftsportler gerne selbst überzeugen.

Mit freundlichen Grüßen
Steffen Staudenmayer

PS
noch eine Bitte zum Schluß, streichen Sie bitte das Wort Hobby-Pilot aus dem politischen Wortschatz!
Die Ausbildung zum Luftfahrzeugführer unterliegt äusserst strengen Vorschriften. Demzufolge sind alle Luftsportler und Privatpiloten sehr gewissenhafte, verantwortlungsvolle und gut ausgebildetet Menschen, die das Fliegen ernst nehmen. Sicher machen es die Meisten in ihrer Freizeit, aber keiner würde sich deshalb selber als Hobby-Pilot bezeichenen, schon gar nicht angesichts der extrem negativen Auslegung dieses Begriffes, der nicht zuletzt durch einige Spitzenpoltiker äusserst negativ durch die Medien gezogen wurde.

Portrait von Walter Riester
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Staudenmayer,

für Ihre erneute Anfrage bezüglich der Wirkungen des Flugsicherheitsgesetzes möchte ich mich recht herzlich bedanken. Sie hatten mich ja schon im April dieses Jahres auf mehrere Punkte hingewiesen, die Sie sehr kritisch beurteilen. Schon damals war mir klar – und Ihr erneutes Schreiben macht es mir noch deutlicher - , dass es einen offensichtlichen Konflikt zwischen des Sicherheitsinteressen, auf die das Luftsicherheitsgesetz abzielt, einerseits und den berechtigten Interessen der Piloten zum Schutz ihrer Privatsphäre und dem verständlichen Anspruch auf zumutbare und nicht überzogene Belastungen andererseits gibt. Mir ist natürlich klar, dass Konflikte dieser Art bei widerstreitenden Zielen immer auftreten können. Und doch habe ich den Eindruck, dass die Wirkungen dieses Gesetzes ganz erhebliche Belastungen und Zumutungen auslösen. Ich hatte deshalb unmittelbar nach Ihrem Schreiben eine Stellungnahme des Bundesministeriums des Inneren angefordert und Ihnen dessen Position, vertreten durch die Parlamentarische Staatssekretärin Ute Vogt auch mitgeteilt.

Ganz offensichtlich sind Ihre Einwände und Bedenken damit nicht behoben. Ich werde deshalb das Innenministerium nach Neubildung der Regierung unmittelbar erneut um Stellungnahme zu Ihrer Kritik auffordern, die ja auch von anderen Piloten erhoben wird. Da ich gegenwärtig als Abgeordneter in den widerstreitigen Interessen, die Sie und andere Piloten zu dem beschlossenen Gesetz einbringen, mir die erforderlichen Informationen erst einholen muss, kann ich Ihnen auf die einzelnen Fragen auch keine abschließende Position von mir abgeben.

Wie bei Ihrer ersten Anfrage, dürfen Sie bei mir davon ausgehen, dass ich die Sache gegenüber dem zuständigen Ministerium weiter betreibe. Vielleicht sehen wir uns ja am nächsten Samstag, 27. August 2005 auf Ihrem Fluggelände Nortel. Mit Herrn Peter Dauner von der Fliegergruppe Göppingen/Salach habe ich für etwa 16 Uhr einen Besuch vereinbart.

Mit freundlichen Grüßen

Walter Riester, MdB