Frage an Volkmar Vogel von Edgar N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Vogel,
ich bin vor kurzem über dieses Thema gestolpert und finde die Idee einfach genial!
Was halten Sie von der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens?
Ist dies auch ein Gesprächsthema innerhalb ihrer Partei?
Mit freundlichen Grüßen
Edgar Naujok
Sehr geehrter Herr Naujok,
vielen Dank für Ihre Frage zu diesem spannenden Thema. Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ist interessant, ja sie erscheint auf den ersten Blick geradezu visionär.
Doch Vorsicht: Man muss genau hinschauen, da es in der Diskussion inzwischen eine Vielzahl von Modellen gibt, die von mir persönlich aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen und Wirkungsweisen auch eine differenzierte Bewertung erfahren.
Unter der Vielzahl kursierender und diskutierter Modelle, die mir teilweise sehr unkonkret und unausgegoren erscheinen, sticht für mich ein Modell positiv hervor: Das "Solidarische Bürgergeld" von Ministerpräsident Althaus (CDU).
Das Modell des Solidarischen Bürgergelds stellt eine Grundsicherung dar und orientiert sich dabei in seiner Höhe am soziokulturellen Existenzminimum, und ist, im Gegensatz etwa zum derzeitigen ALG II, nicht an Bedingungen geknüpft.
Die Finanzierung erfolgt dabei - im Gegensatz zu anderen Modellen, die sich ausschließlich über eine erhöhte Mehrwertsteuer finanzieren - über die Besteuerung der Arbeitseinkommen. Je nach Besteuerung der Arbeitseinkommen (zwei Steuersätze: 25% oder 50%) liegt es in einer Höhe von 800,- Euro oder 400,- Euro für Erwachsene sowie 500,- Euro für Kinder im Monat. Bis zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.600,- Euro fällt keine Einkommensteuer an.
Das genaue Konzept und weitere Informationen finden Sie im Internet:
http://www.thueringen.de/de/buergergeld/
und
http://www.d-althaus.de/politik/buergergeld/das-konzept.html
Damit wäre zugleich Ihre Frage beantwortet, ob das Thema Grundeinkommen in meiner Partei im allgemeinen diskutiert wird: Ja, wir beschäftigen uns innerhalb der CDU v.a. in Thüringen, intensiv mit diesem Thema. Auch die Bundes-CDU hat sich des Themas angenommen, und eine Kommission unter dem Vorsitz von Dieter Althaus eingerichtet, um die Umsetzbarkeit dieses "Thüringer Modells" auf der Bundesebene zu prüfen.
Andere Modelle eines bedingungslosen Grundeinkommens, die alle ein weit höheres Grundeinkommen vorsehen und somit über den Charakter einer Grundsicherung hinaus gehen, sehe ich eher kritisch.
Vielleicht haben Sie in den Medien kürzlich die Berichterstattung über die Petition von Frau Susanne Wiest an den Deutschen Bundestag verfolgt, die 52.000 Unterzeichner gefunden hat.. Sie fordert ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1.500 Euro für Erwachsene und 1.000 Euro für Kinder. Dies wären 6.000 Euro - netto - für ein Familie mit drei Kindern! Andere Modelle sehen ähnlich hohe Beträge vor.
Jenseits berechtigter Zweifel an der Finanzierbarkeit eines solchen Modells, stellt sich die Frage: Welche Wirkungen erzeugt ein an keinerlei Bedingungen gekoppeltes, hohes Grundeinkommen? Konkreter: Wie wirkt sich ein bedingungsloses Grundeinkommen auf die Leistungsbereitschaft aus?
Bei einem garantierten Einkommen in dieser Höhe geht, aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Partei, ein ganz wichtiges gesellschaftliches Steuerungsinstrument verloren, nämlich das Setzen von Leistungsanreizen.
Meiner Meinung nach dürfen die Grundsätze des Sozialstaatsprinzips - der Staat hilft Bedürftigen und gleicht dabei Ungleichheiten bis zu einem gewissen Grad aus, ohne dass damit eine Garantie eines einmal erreichten Status verbunden wäre - nicht ausgehebelt werden.
Armut ist ein vielschichtiges und komplexes Problem und beinhaltet nicht nur monetäre Aspekte, sondern auch Fragen aktiver Teilhabe an und Integration in das gesellschaftliche Leben, wie etwa Bildung und Weiterqualifizierung. Ein Grundeinkommen darf nicht als Freifahrtschein dienen, sich aus der Gesellschaft zu verabschieden. Eben diese Gefahr sehe ich bei einem bedingungslosen Grundeinkommen.
Das "Solidarische Bürgergeld" hingegen bietet einerseits eine Grundsicherung, setzt andererseits Leistungsanreize und verbindet somit beide Aspekte in einer innovativen Art und Weise. Daher findet es meine Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Volkmar Vogel
Mitglied des Deutschen Bundestages