Frage an Volkmar Vogel von Siegfried B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Vogel,
TTIP ist eine Bedrohung für unsere Demokratie, weil es die Volksvertreter in der Ausübung Ihres Mandats einschränken wird. TTIP wird viele Bereiche unseres täglichen Lebens betreffen, z.B. Lebensmittel, Landwirtschaft, Tierschutz, Chemikalien u. Arbeitnehmerrechte. Vieles liegt dort im Argen. Statt aber die Zustände zu verbessern, droht TTIP die Standards auf unzureichendem Niveau festzusetzen. Die EU könnte diese nur im Einvernehmen ändern. Wenn die EU die längst überfällige erweiterte Gentechnikkennzeichnung von tierischen Lebensmitteln einführen will u. diese den TTIP widerspricht, ist das nur mit dem Einverständnis der USA möglich. Die Gesetzgebung, Kern der Demokratie, wird abhängig von der Zustimmung eines Handelspartners! Der Gesetzgebungsspielraum der Abgeordneten wird beschränkt. Sie dürfen nur noch so weit gehen, wie TTIP reicht. Nationale Initiativen für EU-Regelungen müssen nicht nur die europäische Hürde überwinden. Wie ist das möglich? TTIP ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Als solcher hat er Vorrang vor EU als auch vor deutschen Gesetzen. Verstößt ein zukünftiges Gesetz, auf deutscher oder auf EU-Ebene gegen die TTIP-Bestimmungen, gilt es als rechtswidrig. Auch wird Ihr Mandat auf nationaler Ebene begrenzt. Will der Bundestag z.B. den Tierschutz in der Landwirtschaft stärken, muss das Gesetz dem TTIP entsprechen – sonst darf es nicht beschlossen werden. Eine weitere Einschränkung in der Gesetzgebung sind die priv. Schiedsgerichte. Konzerne können Gesetze zum Schutz von Mensch u. Umwelt verhindern. Die bei TTIP erwogenen Schiedsgerichte würden in die Budgethoheit eingreifen u. so Demokratie u. Einfluss der Volksvertreter schwächen. Ich möchte gerne wissen: Sind Sie sich bewusst, wie stark TTIP Ihren Einfluss als Volksvertreter einschränkt? Wollen Sie das zu akzeptieren? Oder lehnen Sie TTIP ab, weil diese Einschränkungen der demokratischen Rechte in keinem Verhältnis zu den erwarteten Vorteilen stehen?
MfG
Siegfried Beer
Sehr geehrter Herr Beer,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 30.04.2015.
Die Informationen, die über die TTIP-Verhandlungen kursieren, sind oft von falschen Annahmen geprägt. Die Aussage, dass deutsche Abgeordnete nicht mehr frei entscheiden könnten oder dass das durchaus hohe Schutzniveau innerhalb der EU ausgehebelt würde, wird derzeit verbreitet, ist jedoch nicht zutreffend.
Gesetze müssen nicht an TTIP angepasst werden und die alten Normen behalten weiterhin ihre Gültigkeit, etwa im Bereich der Zulassung und Kennzeichnung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) oder anderer Umwelt- und Verbrauchernormen. Die Befürchtung einer Einschränkung der gesetzgeberischen Spielräume der Parlamente oder von demokratischen Rechten ist damit unbegründet. Denn es handelt sich hierbei um ein Abkommen zwischen demokratischen Staaten, wie es sie vor TTIP schon gab und auch danach noch geben wird. Die EU-Kommission informiert das Europäische Parlament sowie die EU-Mitgliedsstaaten. Die Bundesregierung gibt die Informationen an den Deutschen Bundestag weiter. Im Textentwurf ist ausdrücklich festgehalten, dass es keine Einschränkung im Recht der Staaten gibt, Regelungen zum Schutz des Allgemeinwohls (z.B. Umwelt- und Gesundheitsschutz) zu fassen.
Mit freundlichen Grüßen
Volkmar Vogel
Mitglied des Deutschen Bundestages