Frage an Volker Beck von Andre S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Beck,
In Ihrer Rede vom 11.4.2008 im Deutschen Bundestag, haben sie festgestellt, daß ein Embryo genau dieselbe Würde und genau dieselbe Existenzberechtigung besitzt, wie jeder andere Mensch auch. Aus diesem Grund haben Sie sich einem Antrag zugestimmt, der Tötung von Embryonen zu Forschungszwecken zu verbieten.
Ebenfalls in dieser Rede erwähnten Sie, daß eine "Abtreibung" etwas anderes sei, da das leben der Mutter mit dem leben des Kindes in Konflikt stünden.
Wenn die Schwangerschaft aus medizinischen Gründen eine akute Bedrohung für Leib und Leben der Mutter darstellt, dann muß es selbstverständlich die Möglichkeit geben den Embryo im Notfall zu töten, da es unmenschlich wäre eine Mutter zur Aufgabe ihrs eigenen Lebens zu Gunsten des Lebens ihres kindes zu zwingen.
Ich möchte Sie aber darauf aufmerksam machen, daß weniger als 3% aller "Abtreibungen" in Deutschland aus medizinischer Notwendigkeit für die Mutter erfolgen.
97% der insgesamt rund 116.000 "Abtreibungen" werden nicht aus medizinischen oder kriminologischen Gründen vorgenommen, sondern nach der Beratungsregelung.
Die Beratungsregelung erfordert prinzipiell keine Angabe von Gründen. Motive zur Abtreibungen können diesbezüglich sehr vielfältig sein, z.B.:
- Die Mutter ist arbeitslos
- Die Mutter hat keinen festen Partner
- Das Kind steht den Karriereplanungen der Mutter im Weg
- Die Mutter will grundsätzlich keine Kinder
etc.
In 97% der Fälle, steht bei einer Abtreibung nicht "Leben gegen Leben", sondern es steht das Lebensrecht des Kindes gegen die soziale Situation oder die Launen der Mutter.
Bei allem Verständnis für manchmal schwierige Situationen einer Mutter, aber halten sie es für ethisch vertretbar, wenn eiin unschuldiger Mensch getötet wird, weil die Mutter arbeitslos ist oder weil der Mutter die Karriere wichtiger ist als das Kind?
Ist nicht das Lebensrecht das elementarste aller Menschenrechte und steht über den sozialen Befindlichkeiten der Mutter?
Herzlichen Dank
Sehr geehrter Herr Starke,
nicht die strafrechtliche Verfolgung von Schwangerschaftsabbrüchen, sondern freiwillige, qualifizierte und ergebnisoffene Beratung ist geeignet, die Frauen im Konfliktfall bei ihrer Entscheidung zu unterstützen. Das Strafrecht ist oftmals das falsche Schutzkonzept, gerade auch dann wenn die soziale Situation der Mutter zum Grund für den Schwangerschaftskonflikt wird. Man kann das Leben des Kindes nicht gegen den Willen und das Leben der Mutter schützen, es hängt von der Mutter immer unmittelbar ab. Aber die Gesellschaft kann der Schwangeren Alternativen zum Schwangerschaftsabbruch anbieten.
Die oft suggerierte Nähe der Abtreibung zur Stammzellforschung beziehungsweise der verbrauchenden Embryonenforschung ist keine. Bei der Abtreibung geht es um eine schwierige Konfliktsituation einer Frau. Die grundsätzliche Schutzwürdigkeit und die Würde des Embryos stehen – so sieht es auch das Verfassungsgericht – nicht zur Disposition. Bei der Stammzellforschung dagegen schon.
Bei der verbrauchenden Embryonenforschung besteht die Konfliktsituation nicht zwischen der Frau und dem Embryo, sondern es geht um die Interessen Dritter - von Wissenschaftlern oder - sollte jemals mit der embryonalen Stammzellforschung eine Therapie entwickelt werden - um die Interessen von Patienten und industriellen Herstellern.
Bei der Frage der Abtreibung steht das Leben der Mutter mit dem Leben des Kindes in einem direkten, unauflösbaren Konflikt, juristisch ist hier eine Abwägung zwischen fundamentalen Rechten der Mutter und denen des Embryos beziehungsweise Fötus erforderlich. Bei der Stammzellen-Forschung ist keine vergleichbare "Rechtekollision" ersichtlich. Die Forschung mit und der Import von embryonalen Stammzellen setzt das Töten und das Zerteilen von Embryonen voraus. Sie macht den Embryo zum Objekt fremder Interessen. Die grundgesetzlich geschützte Forschungsfreiheit ist nach Auffassung von Herrn Beck nicht geeignet, die nach Art.1 Abs.1 Satz1 GG unantastbare menschliche Würde des Embryos zu relativieren.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Volker Beck