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Volker Beck
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Frage von George M. •

Frage an Volker Beck von George M. bezüglich Umwelt

sehr geehrter Herr Beck,

ich beziehe mich auf den Beschluss des Parteirats zum Thema `biologische Vielfalt`, der am 11.2.08 einstimmig verabschiedet wurde. Ich finde den Geist des Beschlusses völlig in Ordnung.
Aber : laut dem britischen `Optimum Population Trust`, in dem ich Mitglied bin, kann sich Deutschland bei seiner bestehenden Umweltbilanz nur ca. 24 Millionen Einwohner leisten, um nachhaltig fortzubestehen, die dritte Welt und die globale Umwelt zu entlasten, und einen echten Beitrag zur Wahrung der biologischen Vielfalt zu machen. Auch bei einer Reduzierung unseres Energieverbrauchs um 60% wäre die Zahl lediglich ca. 40 Mio.*
Professor Karl Otto Hondrich hat in seinem letzten Buch, `Weniger sind mehr - warum der Geburtenrückgang ein Glücksfall für unsere Gesellschaft ist´ (2007), die Tatsache bemängelt, dass es an der Richtigkeit der Subventionspolitik für Familien "parteiübergreifend kein Zweifel mehr zu bestehen" gibt, wobei er als Soziologe die ökologischen Vorteile einer erheblich kleineren Bevölkerungszahl nicht einmal erwähnt hat, sondern überwiegend sozialpolitische Gründe gebracht hat.
Meine Frage an Sie, also : was für einen Sinn hat es, dass die Grünen das Kinderhaben weiterhin unbegrenzt subventionieren wollen ? Schon aus realpolitischen Gründen wäre es sinnvoll, sich für eine Beschränkung der Subventionen auf zwei Kinder einzusetzen, da die meisten Wähler nicht mehr als zwei haben. Und, eine sinkende Bevölkerungszahl führt, bei gleichbleibenden Bedingungen, zu sinkenden Mieten und steigenden Löhnen, bestrebenswerte Ziele, denke ich.

mit freundlichen Grüssen - - George Morton

*(Quelle : www.optimumpopulation.org/opt.sustainable.numbers.html
"Sustainable Populations by Country, OPT extensions, Table 2a" anklicken. Die Zahlen basieren auf den "WWF Living Planet Report 2002")

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Morton,

neben der Ehe haben vielfältige weitere Formen des Zusammenhalts und miteinander Lebens an Bedeutung gewonnen. Diese reichen von nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Ein-Eltern- oder Patchwork-Familien, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften bis hin zu Netzwerken, die Familienleben bieten ohne Verwandtschaft vorauszusetzen.

Allen diesen traditionellen und neueren Formen ist gemeinsam, dass Menschen auf Dauer angelegt Verantwortung füreinander übernehmen. Familie wird gelebt, wo Menschen verbindlich füreinander einstehen. Verlässlichkeit, Zusammenhalt, Zuwendung und Zuneigung sind solidarische "Anker" in einer zunehmend individualisierten, flexibilisierten und globalisierten (Alltags-) Welt.

Wir Grüne wollen diese Potentiale fördern, um den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu steigern. Anstatt unterschiedliche Lebensentwürfe gegeneinander auszuspielen, würdigen wir deren soziale Integrationsleistung, in diesem Sinne setzen wir uns für eine erweiterte Definition des Familienbegriffs ein, der auf Verantwortungsübernahme beruht und Wahlfreiheit ermöglicht.

Zur Wahlfreiheit gehört auch die Entscheidung für ein oder mehrere Kinder oder eben für ein Leben ohne Kinder. Viele junge Frauen und Männer möchten freilich Kinder haben, sehen sich aber vor große Hindernisse gestellt. Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, die Menschen die Realisierung von Kinderwünschen erleichtern und die Eltern in ihrem Leben mit Kindern optimal unterstützen. Im Mittelpunkt müssen die Kinder stehen und nicht die Bevölkerungsstatistik.

Der Staat muss Familien fördern, in dem er Infrastrukturen bereithält, die gerade dann allen Familien zugute kommen, wenn sie zielgenau in die Bereiche gehen, wo Bildungsarmut und soziale Probleme Familien bedrücken und Kindern Startchancen beschneiden.

Der Staat muss dies auch tun, weil er grundgesetzlich dazu verpflichtet ist.

So muss der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt wird. Der existenznotwendige Bedarf bildet von Verfassungswegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer. Art. 6 Abs. 1 GG gebietet darüber hinaus, dass bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben muss.

Im Familienleistungsausgleich (§§ 31, 32 und 62--78 EStG) wird dies durch Kindergeld bzw. die Freibeträge für Kinder bewirkt. Im laufenden Jahr wird stets Kindergeld -- als Steuervergütung -- gezahlt. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer prüft das Finanzamt von Amts wegen, ob damit das Existenzminimum des Kindes steuerfrei bleibt. Erreicht das Kindergeld nicht die steuerliche Wirkung der Freibeträge für Kinder, so werden diese vom Einkommen abgezogen und der Anspruch auf Kindergeld verrechnet. In diesem Fall beschränkt sich der Familienleistungsausgleich auf die gebotene Steuerfreistellung. Soweit das Kindergeld über die steuerliche Wirkung der Freibeträge für Kinder hinausgeht, dient es der Förderung der Familien, und zwar vornehmlich der Familien mit geringerem Einkommen und mehreren Kindern.

Die Subvention von Familien hält sich aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen daher in angemessenen Grenzen. Für die meisten Familien in Deutschland ergibt sich der größte Teil des Kindergeld aus den Steuerfreibeträgen. Der Transferanteil würdigt die familiären Leistungen und Lasten.

Insgesamt sind wir daher eher der Auffassung, dass Familien in Deutschland strukturell vernachlässigt werden und es im Bereich der Familienpolitik einen großen Nachholbedarf gibt. Übrigens lässt auch der Bedarf an Kinderbetreuungseinrichtungen, der beiden Elternteilen eine Vereinbarung von Beruf und Familie ermöglichen könnte, in weiten Teilen Deutschlands zu Wünschen übrig. Die Annahme jedenfalls, Familien (auch mit mehreren Kindern) würden übermäßig subventioniert, können wir nicht teilen. Das Gegenteil ist für viele Familien leider die Realität.

Mit freundlichen Grüßen

Büro Volker Beck