Portrait von Volker Beck
Volker Beck
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Volker Beck zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Karl Ü. •

Frage an Volker Beck von Karl Ü. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Beck,

im Zusammenhang mit der Diskussion um Umpolungsseminare beim Christival wurde Ihre Kleine Anfrage kritisiert, da Sie Wüstenstrom, die OJC und das Christival in einem Zusammenhang mit Scientology gestellt haben.

Ich möchte mal einen anderen Gesichtspunkt und eine andere Sichtweise artikulieren als in all den anderen Fragen zu diesem Komplex.

Kennen Sie folgende Berichte:
* http://www.swr.de/zur-sache-baden-wuerttemberg/-/id=3477354/did=3498106/pv=video/gp1=3561096/nid=3477354/2aytxs/index.html SWR 29.5.08 zu Wüstenstrom mit Berichten über Wüstenstromopfer und den Umgang mit Kritikern

* Verein will Homosexuelle "heilen" Umpolerclub im Visier taz 29.05.2008 http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/umpolerclub-im-visier/?src=AR&cHash=b04fbeb7e1
?

Darin wird berichtet, dass Aussteiger mit Unterlassungserklärungen verfolgt werden,
dass kritische Journalisten mit Rechtsanwälten an ihrer Arbeit gehindert werden,
dass Therapieopfer psychische Schäden haben und bis zu 4000.- € für die Kurse zahlen.

Finden Sie nicht auch, dass sich das nach einer Beschreibung von Scientology oder einer anderen Psychosekte und ihren Methoden anhört?
Was kann man dagegen machen?
Würden Sie Wüstenstrom auch als Umpolverein bezeichnen?
Warum schweigt die EKD zu diesen Vorgängen? Was sagen die Sektenbeauftragten der Kirche?

Mit freundlichen Grüßen

Karl Übergang

Portrait von Volker Beck
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Übergang,

in der Tat versuchen Vereine wie Wüstenstrom und die Offensive Junger Christen (OJC) mit ihrem Pseudo-Institut für Jugend und Gesellschaft mit fragwürdigen Mitteln eine Sprachregelung, über ihr obskuren Praktiken durchzusetzen.

Sie versuchen Kritiker und Aussteiger einzuschüchtern und mundtot zu machen. Insbesondere zielen sie auf diejenigen, die nicht jeden Tag mit juristischen Schritten zu tun haben und für die Kosten von 1000 € für Rechtsberatung oder ein paar Tausend € Prozesskosten abschreckend sind, einzuschüchtern.

So hat das Christival e.V. versucht Sara Danken, ein engagiertes Mitglied der Grünen Jugend Bremen, einzuschüchtern und ihr eine Unterlassungserklärung abzupressen. Man wollte ihr untersagen zu behaupten, dass das Christival Homosexualität für eine Krankheit hält. ( http://gruenejugend.eike-schurr.de/ )

Ein Theologieprofessor wurde aufgrund ähnlicher Versuche aus diesem Spektrum genötigt, eine Stellungnahme zur Demokratie- und Grundgesetzfähigkeit evangelikaler Gruppen, die die Heilung bzw. Veränderung von Homosexuellen propagieren, aus dem Internet zu nehmen. Er wollte sich Scherereien ersparen.

Gegen den freien Journalisten Eckhard Stengel hat Wüstenstrom zunächst erfolgreich eine Einstweilige Verfügung erwirkt, es sollte ihm damit untersagt werden, die Arbeit von Wüstenstrom als das zu bezeichnen, was es ist, der Versuch des Umpolens von Homosexuellen. Die einstweilige Verfügung, die Eckhard Stengel wegen seiner Berichte über das Bremer "Christival" kassiert hat, ist von einem Gericht nach mündlicher Verhandlung aufgehoben worden. Der Journalist hatte durch die Einstweilige Verfügung dennoch wirtschaftlichen Schaden erlitten.( http://www.taz.de/regional/nord/nord-aktuel/artikel/?dig=2008%2F05%2F10%2Fa0124&src=UA&cHash=a4f2dc91c0 )

Wüstenstrom behauptet dennoch auf seiner Webseite: "Einen „Prozess“ hat es nicht gegeben!" ( http://www.wuestenstrom.de/index.dhtml/50485046445ce91737dc/-/deD/-/CS/-/news/politik/news/2008/200805/StengelWiderspruch )

Nach den Beiträgen des SWR über diese angeblich christliche Organisation, in der ein anonym und verfremdet dargestelltes Opfer der Organisation über seine Erfahrungen berichtete, sollte mindestens ein ehemaliger Klient von Wüstenstrom mit Anwaltsschreiben zu Unterlassungserklärungen genötigt werden. Seltsam, dass aus der Schilderung der Schäden durch Wüstenstrom im SWR-Beitrag der Verein gleich zu wissen meinte, gegen wen er vorzugehen hat, wo doch angeblich niemand zu Schaden gekommen ist. ( http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/umpolerclub-im-visier/?src=AR&cHash=b04fbeb7e1 )

Sie haben recht, auch Scientology versucht seine Kritiker zu nötigen und verfolgt Aussteiger, die sich über Erfahrungen äußern.. Ähnlich wie dort berichtet der SWR auch bei Wüstenstrom von nicht unerheblichen Kosten der Pseudo-Behandlungen und Kurse (4000.-€).

Gleichsetzen sollte man Scientology und diese Gruppen zwar dennoch nicht. Aber die hier beschriebenen Methoden von Psychosekten sollten für die Beauftragten für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirchen Anlass genug sein, diese Gruppen kritisch zu beobachten und vor ihnen eindeutig zu warnen. Leider vermisst man von der Evangelischen Kirche bislang klare Worte gegen diese Gruppen, das Kirchenamt griff sogar deren Kritiker an, weil es auf die Falschbehauptungen von diesen Gruppen hereingefallen war.

Sie versuchen Homosexuelle umzupolen, sie faseln von Selbstbestimmung und Veränderbarkeit, wenden sich in Wahrheit gegen die Gleichberechtigung von Homosexuellen, haben keine Bereitschaft Lesben und Schwule humanwissenschaftlich, theologisch oder gesellschaftlich als solche zu akzeptieren. Mit ihrem Propagandafeldzug für die Heilung von Lesben und Schwulen und die Befreiung von der Homosexualität pathologisieren sie Lesben und Schwule.

Wes Geistes Kinder solche Homoheilungsideologen sind, zeigt ein Vorfall in Nordirland, der dort jetzt die Staatsanwaltschaft beschäftigt: In einem Interview mit dem Lokalsender BBC Radio Ulster hatte die britische Parlamentsabgeordnete und Ehefrau des nordirischen Regierungschefs Robinson Homosexualität als "Abscheulichkeit" bezeichnet. In der Sendung ging es um den homophoben Angriff auf einen 27-jährigen Schwulen. Robinson, die sich selbst als "wiedergeborene Christin" bezeichnet, erklärte: "Ich kenne einen sehr netten Psychiater, der in meiner Bürogemeinschaft arbeitet – er versucht, Homosexuelle von ihrem Pfad abzubringen". In Richtung des Gewaltopfers erklärte sie: "Ich würde dem Herren gerne die Telefonnummer des Psychiaters geben." In einem weiteren Interview sagte sie: "Der Herr sagt uns, wir sollen den Sünder lieben, aber nicht die Sünde. Ein Mörder kann mit dem Blut Christi erlöst werden, aber auch ein Homosexueller". Die Polizei ermittelt nun wegen Aufstachelung zum Hass.

Mit freundlichen Grüßen

Büro Volker Beck