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Volker Beck
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Frage von Florian D. •

Frage an Volker Beck von Florian D. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Volker Beck,

Der Friedensnobelpreisträger IPPNW schreibt:
"Die am 1. August 2001 in Kraft getretene rot-grüne Strahlenschutzverordnung erlaubt die unbegrenzte Freisetzung radioaktiver Abfälle in die Umwelt. Alte stillgelegte Atommeiler können abgerissen und der strahlende Bauschutt schlichtweg auf der nächsten Hausmülldeponie abgeladen werden. Minister a.D. Dr. Sebastian Pflugbeil (Neues Forum), heute Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz, rechnet mit zigtausend Strahlentoten aufgrund der neuen Verordnung."
Beleg:
www.ippnw.de/Atomenergie/strahlenschutz

Den von der Schröder-Regierung eingebrachten Änderungen zum Strahlenschutz haben die Abgeordneten von SPD und von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag ausnahmslos (das heißt: ohne Gegenstimmen und Enthaltungen) laut Protokoll unter Leitung von Wolfgang Thierse am 25. 2. 2000 zugestimmt.

Sie haben ein öffentliches Mandat. Was haben Sie persönlich bisher und für die Öffentlichkeit nachweisbar gegen diesen vom Friedensnobelpreisträger IPPNW kritisierten und oben angeführten unhaltbaren Zustand unternommen?

Ist das Atomkraftwerk Biblis vor allem deshalb noch am Netz, weil DIE ROTGRÜNEN ihre Regierungszeit vertrödelt und alle Chancen zur Stillegung versiebt haben? Wollten weder Jürgen Trittin als ROTGRÜNER Bundesumweltminister noch Priska Hinz, seine heutige Kollegin in der Bundestagsfraktion von Bündnis `90 / DIE GRÜNEN, das Atomkraftwerk Biblis ernsthaft abschalten? Schoß Priska Hinz als damalige ROTGRÜNE "Ministerin für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Hessen" nicht den Vogel ab, als sie medienwirksam eine Stillegungsverfügung der Öffentlichkeit präsentierte und dann "vergaß", diese Stillegungsverfügung auch dem Nuklearkonzern RWE als Betreiber zuzustellen?

Verbindlichst!
Florian Dengler

Portrait von Volker Beck
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Dengler,

die Strahlenschutzverordnung war bei Amtsantritt der rot-grünen Bundesregierung so gut wie vollbracht. Es konnten nur noch wenige Punkte geändert werden, die aber zum Teil im Bundesrat von der dortigen anderen Mehrheit wieder herausgestrichen wurden.

Eine uneingeschränkte Deponierung von Bauschutt aus dem Abriss von Atomkraftwerken auf Hausmülldeponien ist aber auch in der gültigen Fassung der Verordnung nicht vorgesehen. Sie wäre auch aufgrund der Vorschriften für Hausmülldeponien, die eine Ablagerung unbehandelter Abfälle gar nicht zulässt, rechtswidrig.

Insofern scheint es bei dem polemischen Vorwurf des Autors auf den Internetseiten der IPPNW um ein Missverständnis zu handeln. Der in der Frage angegebene Link funktioniert leider nicht mehr, möglicherweise ist die entsprechende Seite auch schon gesperrt worden.

In der Tat hat Dr. Sebastian Pflugbeil die Strahlenschutzverordnung aus dem Jahr 2001 kritisiert. Allerdings bemängelte er ein erhöhtes Risiko durch eine Absenkung der maximalen Strahlenbelastung für die Exposition von Berufstätigen. Seiner Berechnung nach erhöhe sich dadurch das statistische Risiko an Krebs zu erkranken für Berufstätige, die einer erhöhten Strahlung ausgesetzt sind, um den Faktor 10.

Obwohl die Grünen für eine möglichst schnelle Stilllegung aller Atomkraftwerke waren, gab es rechtlich dazu nur zwei Möglichkeiten:

1. Der Nachweis, dass ein Atomkraftwerk nicht sicher betrieben wird oder zu betreiben ist. Rechtsgültig ist dieser Nachweis nicht einfach zu führen. Die rechtlichen Hürden, die die Aufsichtsbehörden hier zu erfüllen haben, liegen sehr hoch und die Eigentumsrechte der Betreiber werden durch unsere Verfassung geschützt.

2. Die Möglichkeit, die unbegrenzten Genehmigungen für den Betrieb der Atomkraftwerke zu begrenzen. Dies wurde durch den Atomausstiegsvertrag mit den Kraftwerksbetreibern vereinbart und durch eine Änderung des Atomgesetztes beschlossen. Die Betriebsdauer der Atomkraftwerke war hier ein großer Streitpunkt.

Es war richtig und wichtig, die alten unsicheren Atomkraftwerke wie Biblis A möglichst schnell abzuschalten. Dies ist ja bei Stade und Obrigheim bereits gelungen; bei Biblis A ist es längst überfällig. Deshalb wurde auch festgelegt, dass eine Übertragung von Reststrommengen nur von älteren auf jüngere Anlagen möglich ist und dass von Mühlheim-Kehrlich keine Reststrommengen auf Biblis A übertragen werden dürfen. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass dieses Verhandlungsergebnis gerade für Biblis das bestmöglichste war.

Ihre spekulativen Vorwürfe an Frau Priska Hinz hätten Sie direkt auch an sie richten können, die seit 2005 Bundestagsabgeordnete ist. Es ist kein guter Stil, Fragen an konkrete Abgeordnete den anderen zu stellen, die mit dem Inhalt nicht befasst gewesen sind.

Mit freundlichen Grüßen

Büro Volker Beck