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Volker Beck
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Frage von Stefan S. •

Frage an Volker Beck von Stefan S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Beck,

vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Fragen vom 13. Februar. Selbstverständlich werde ich Ihre Aussagen verschiedenenorts zitieren, weshalb mir hier Rückfragen besonders wichtig sind.

Sie haben also zur Kenntnis genommen, dass wuestenstrom eine "ergebnisoffene" Beratung anbietet. Diese ethische und fachliche Grundhaltung und Selbstverpflichtung glauben Sie uns jedoch deshalb nicht, weil es für Sie "schwer vorstellbar" ist, dass sich eine explizite Werthaltung nicht auch direkt auf die Beratung auswirkt. Habe ich Sie da richtig verstanden?

Bezüglich der fachlich inhaltlichen Diskussion möchten Sie sich ferner ganz der Bundesregierung anschließen. Ist dies somit die wissenschaftliche Grundlage, auf die Sie sich mit der Kritik an wuestenstrom stützen?

Als Sie in der Fragestunde im Bundestag bezüglich des Seminars von wuestenstrom die Frage nach dem Jugendschutz gestellt haben, ging es Ihnen - nach Ihrer aktuellen Antwort - also um eine Kritik nicht des Seminars, sondern der Bundesregierung!? Ihnen ging es also nicht darum, unser Seminar zum Thema Missbrauch als jugendgefährdend zu brandmarken, sondern ausschließlich darum, dass die Regierung auch nur solche Angebote fördert, die sie selbst in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage als förderungswürdig beschrieben hat?

Schließlich bitte ich Sie zur Kenntnis zu nehmen, dass es andere Biographien aber auch andere Beurteilungen von Fachleuten gibt, als die politisch und medial so gut darstellbare Unterscheidung zwischen der angeblich so wissenschaftlichen affirmativen Therapie auf der einen und der homophoben Scharlatanerie auf der anderen Seite. Mit dieser Polarisierung werden Sie nicht einmal den Menschen gerecht, für die Sie sich einsetzen. Ich habe in dieser aktuellen Debatte aber auch etwas neu zur Kenntnis genommen: dass das Zeugnis von Veränderung in diesem Bereich für Viele durchaus eine Bedrohung darstellt.

Mit freundlichen Grüßen,
Stefan Schmidt
wuestenstrom e.V.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schmidt,

ich habe den Eindruck, Sie haben meine Antwort vom 13.2. recht gut verstanden. Auch wenn Sie tun, als sei es anders.

Daher nur ein paar ergänzende Anmerkungen:

Ich habe in der Tat Zweifel, dass Wüstenstrom ergebnisoffen berät und habe zur Kenntnis genommen, dass Wüstenstrom-Leiter Hoffmann im Idea-Interview auf die entsprechende Frage sehr ausweichend geantwortet hat - um es milde auszudrücken.
http://www.wuestenstrom.com/index.dhtml/5747c42e20485423305l/-/enEN/-/CS/-/news/news/2007/200701/ideaHUK

Daher schließe ich mich der Einschätzung der Ökumenischen Arbeitsgruppe "Homosexuelle und Kirche" an, die nach intensiver Auseinandersetzung mit Wüstenstrom zu dem folgenden Fazit gekommen ist: "Es liegt sicher in der Verantwortung eines/einer jeden Einzelnen, von Angeboten ´Veränderung im Bereich Homosexualität´ Gebrauch zu machen oder auch nicht; wir können aber nach dem, was wir über Wüstenstrom wissen, von einer Beratung durch diese Organisation nur abraten." http://www.huk.org/aktuell/06-11-wuestenstrom.htm

Für meine Einschätzung bin ich sicher nicht auf die der Bundesregierung angewiesen, aber es freut mich, wenn diese nach Sichtung des aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstandes zum Thema Homosexualität zum gleichen Ergebnis kommt wie ich.

Dass es Leute gibt, die als "Ex-Gays" präsentiert werden, finde ich für mich persönlich nicht im geringsten als "Bedrohung". Sehr problematisch können die Heilungsgeschichtchen allerdings für junge Leute werden, wenn ihnen diese in einem konservativen Umfeld vorgehalten werden und damit ein Erwartungsdruck aufgebaut wird, nach dem Motto: Lass doch auch Du Deine Homosexualität wegtherapieren. Sieh her, Du musst es nur ordentlich wollen und an Dir arbeiten, dann geht es! Für die Betroffenen kann ich nur hoffen, dass sie nicht unter den Verletzungen leiden müssen, von denen Aussteiger aus der Ex-Gay-Szene berichten. http://de.wikipedia.org/wiki/Ex-Ex-Gay

Angesichts solcher Berichte hatte ich Zweifel, ob eine Förderung von Ex-Gay-Gruppen durch den Kinder- und Jugendplan angebracht ist, der laut Richtlinien dazu beitragen soll, dass "junge Menschen ihre Persönlichkeit frei entfalten" können. In den Richtlinien steht auch, dass es keinen Anspruch auf Förderung gibt und dass Mittel nach Haushaltslage vergeben werden.

http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/RedaktionBMFSFJ/Abteilung5/Pdf-Anlagen/richtlinien2000,property=pdf,bereich=,sprache=de,rwb=true.pdf

Wie knappe Bundesgelder am besten zu vergeben sind, um das Ziel der Selbstbestimmung zu fördern, ist eine legitime Frage. Darüber zu diskutieren ist ganz normale parlamentarische Arbeit, keine Kampagne.

Mit freundlichen Grüßen
Volker Beck