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Volker Beck
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Frage von Georg W. •

Frage an Volker Beck von Georg W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Beck,

lt. eigenen Angaben der verschiedenen Verbände wie z.b. Islam.de leben z.zt. mehr als die von Ihnen genannten 3 Mio. Muslime in Deutschland. Bereits Ende letzten Jahres waren es 3,2 Mio. Sicherlich haben Sie doch ältere Zahlen vorliegen, die auch beweisen, dass die Zahl steigend ist.

Wenn Sie die Ihnen vorliegende Übersetzung des Koran gelesen haben, ist mir unverständlich, wie Sie zu der Behauptung kommen, es seien Ihnen keine Suren im Koran bekannt, die zum töten aufrufen.
Ich empfehle Ihnen nur mal einige:
Sure 9:5
Sure 9:20
Sure 9:29
Sure 9:41
Sure 4:95

Sie können gerne auch noch weitere eindeutige Stellen haben.

Wenn Sie behaupten, dass der Koran mit der deutschen Verfassung zu vereinbaren ist, dann frage ich Sie, ob Ihnen denn die Scharia bekannt ist?

Eine letzte Frage: wie beurteilen Sie die neue Entscheidung der Türkei betreffend Kopftuchverbot?

mit freundlichen Grüßen
Georg Weeger

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Weeger,

ihre erste Frage ist etwas unscharf:

Die Scharia ist kein Teil des Koran, sondern eine Rechtsordnung, die aus vielen kulturellen Einflüssen in vergangen Jahrhunderten entstanden ist in Ländern, in denen der Koran ein wichtige Rolle gespielt hat. Also ist die Scharia vom Koran und den Lehren des Koran erheblich beeinflußt, aber kein Teil des Koran. Um ihre Frage zu beantworten: Die Scharia ist mir bekannt, ich halte Sie in einigen ihrer Ausprägungen weder für verfassungskonform noch für mit den Menschenrechten vereinbar.

Zu Ihrer "letzten" Frage:
Ich halte die Aufhebung des Kopftuchverbotes an türkischen Hochschulen grundsätzlich für richtig, da auch das Tragen eines Kopftuches zur Ausübung einer Religion dazugehören kann. Diese ist von der Glaubensfreiheit geschützt, die ich aber für alle Religionen in der Türkei einfordere.

Sollten Sie sich intensiver mit der Frage Kopftuch an türkischen Hochschulen auseinandersetzen wollen, so gebe ich Ihnen noch eine Nachricht zur Kenntnis, die ich diese Woche las und die darauf hindeutet, das die Diskussion über das Kopftuchverbot mit sehr vielen innertürkischen Begebenheiten zusammenhängen, die bei einer ähnlichen Diskussion in Deutschland keine Rolle spielen oder spielen würden:

"Istanbul (AFP) — Trotz der Freigabe des islamischen Kopftuches für Studentinnen in der Türkei herrscht nach Inkrafttreten der Reform weiter Streit und Verwirrung über die Anwendung der Neuerung. In der Hochschulrektorenkonferenz revoltierten einige Mitglieder offen gegen den Präsidenten, wie Fernsehsender berichten. Neun Mitglieder der Rektorenkonferenz erklärten, Studentinnen mit Kopftuch dürften trotz der Verfassungsänderung nicht in die Hörsäle gelassen werden.

Der Präsident der Rektorenkonferenz, Yusuf Ziya Özcan, hatte nach Inkrafttreten der Verfassungsänderung am Samstag erklärt, das Kopftuch sei nun freigegeben. Einige Hochschulen wie die Universität Istanbul wollen nach wie vor keine Studentinnen mit der islamischen Kopfbedeckung einlassen.

Die türkische Hochschulrektorenkonferenz ist eine Hochburg der Kemalisten, die sich auf Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk berufen und das Kopftuch als Symbol des politischen Islam betrachten. An diesem Mittwoch will die kemalistische Oppositionspartei CHP wie angekündigt Verfassungsklage gegen die Kopftuchfreigabe einlegen, die am Freitag von Staatspräsident Abdullah Gül in Kraft gesetzt worden war.

Hinter dem Kopftuchstreit steht ein sozialer Konflikt zwischen den traditionellen kemalistischen Eliten in Bildungswesen, Bürokratie, Armee und Justiz auf der einen Seite und einem aufstrebenden fromm-konservativen Mittelstand auf der anderen Seite."

Mit freundlichen Grüßen
Büro Volker Beck