Frage an Volker Beck von Markus R. bezüglich Gesundheit
Hallo Herr Beck,
in Deutschland ist es homosexuellen Männern nicht gestattet, Blut zu spenden. Sie gelten als Risikogruppe für HIV-Infektionen. Jedoch wird heute jede Blutspende auf diese Viren getestet; das Risiko, sich über eine Transfusion damit zu infizieren, liegt laut Wikipedia unter 1:1.000.000.
Viele andere Länder sind von dieser Regelung, die Homosexuelle unter Generalverdacht stellt, längst abgerückt, z.B. Spanien seit 2003. Deutschland hält daran fest, obwohl immer wieder die Konserven knapp werden. Schwule könnten zwar theoretisch spenden, jedoch nur unter Verleugnung der eigenen Orientierung.
Wie stehen Sie zu diesem Verbot?
Welche Schritte müssten unternommen werden, es zu prüfen und ggf. abzuschaffen?
Sind Sie in dieser Richtung aktiv, oder haben Sie vor, es zu werden?
Sehr geehrter Herr Roske,
es ist sehr verständlich, dass der generelle Ausschluss von Homosexuellen von der Blutspende als Diskriminierung und Ausgrenzung empfunden wird. Dies um so mehr, wenn sich die betreffenden Personen im Einzelfall sicher sind, dass bei ihnen keinerlei HIV-riskantes Verhalten vorliegt.
Volker Beck hat vor geraumer Zeit diese Thematik aufgegriffen und die Bundesärztekammer um eine Stellungnahme gebeten. Sie können diese in seinem Bundestagsbüro abfragen, wir schicken sie Ihnen gerne zu. Die Kammer stellt in ihrer umfassenden Stellungnahme auch unter Hinweis auf die EU-Richtlinie 2004/33/EG vom 22.03.2004 u.a. fest:
"Homosexuelle Männer sind eine Risikogruppe mit erhöhtem Übertragungsrisiko einer durch Blut übertragbaren schweren Infektionskrankheit. Da eine Beurteilung des individuellen Risikoverhaltens bei der Spenderbefragung im Rahmen der Blutspende nicht ausreichend verlässlich möglich ist, ist man gezwungen die Gruppe der Homosexuellen zu betrachten und nimmt in Kauf, einzelne Personen dieser Gruppe, für die individuell kein erhöhtes Risiko besteht, auszuschließen. Homosexuelle Frauen werden im Übrigen nach der gängigen Praxis nicht von der Spende ausgeschlossen, da es keine Daten gibt, die auf ein erhöhtes Risiko der HIV-Übertragung in dieser Population hindeuten.".
Das Bedürfnis, möglichst jedes Risiko im Bereich Blutspende auszuschließen, ist ernst zu nehmen. Bei anderen, derzeit aktuell diskutierten Gesundheitsgefährdungen, z.B. bei der Lebensmittelherstellung, besteht ein großer öffentlicher Konsens, möglichst alle Restrisiken auszuschließen. Freilich stellt sich die Frage, ob die deutsche Praxis des generellen Ausschlusses von Homosexuellen noch sachgerecht ist. So haben andere Länder das generelle Blut- und Organspendeverbot für Homosexuelle bereits außer Kraft gesetzt.
Der dauerhafte Ausschluss von Personen als Blutspender ist in den "Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie)" der Bundesärztekammer und des Paul-Ehrlich-Instituts vom Juli 2000 festgelegt. § 12 des Transfusionsgesetzes legt fest, dass die Richtlinienkompetenz hier bei der Bundesärztekammer und dem Paul-Ehrlich-Institut liegt.
Wir befürworten eine Überprüfung der bisherigen Praxis und setzen uns für eine Lösung ein, die sowohl den Sicherheitsbedürfnissen gerecht wird, als auch vermeidet, dass sich eine ganze Bevölkerungsgruppe unabhängig vom konkreten Verhalten unter Generalverdacht gestellt fühlt.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Volker Beck