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Volker Beck
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Frage von Gerd L. •

Frage an Volker Beck von Gerd L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Beck, sehr geehrter Herr Suliak,

zunächst einmal finde ich es klasse, dass man über dieses Forum direkten Kontakt zu seinen Abgeordneten hat und dass so schnell geantwortet wird. Weiter so!

Zu Ihrer Antwort auf meine Frage zu Artikel 146 GG: Leider muss ich Ihnen in einigen Punkten widersprechen. Artikel 146 GG wurde nicht wesentlich geändert, sondern um den Zusatz (..gilt jetzt für das gesamte deutsche Volk...) ergänzt. Das Wesentliche ist nicht diese Ergänzung, sondern die Aussage über den provisorischen Charakter unseres GG´s (...gilt bis zu dem Tag, an dem sich das Deutsche Volk in freier Entscheidung ...)! M.E. ist die ehemalige DDR lediglich zum Geltungsbereich des GG´s beigetreten. Weiterhin schreiben Sie, das "die Norm" keinen Auftrag zum Erlass einer neuen Verfassung enthält. Frage: Was ist die Norm? Wenn das GG die dauerhafte Verfassung der BRD ist, warum heißt sie dann nicht Verfassung? Haben Sie schon einmal recherchiert, was ein Grundgesetz und was eine Verfassung ist? Nach meinen Informationen gibt es da sehr große Unterschiede. Zu Art. 79 Abs. 2 GG: Sie sprechen da von Verfassungsänderungen. Korrekt müsste es doch GG-Änderungen heißen. Mir kommt vor, dass die Begriffe Grundgesetz und Verfassung im Laufe der Jahre ein wenig durcheinander geraten sind. Bei korrektem Gebrauch der Begriffe dürfen derzeit GG-Änderungen mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit (Bundestag bzw. Bundesrat) durchgeführt werden, Verfassungsänderungen jedoch nur durch das Deutsche Volk z.B. per Volksabstimmung.

Bei der Gelegenheit eine weitere Frage: In Artikel 79 Abs. 1 wird ein Friedensvertrag erwähnt. Wann gedenkt die BRD diesen mit den Staaten, mit denen wir uns nach Völkerrecht nach wie vor im Kriegszustand befinden, abzuschließen?

Für Ihre Beantwortung vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd Lingner

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Lingner,

Art. 79 Absatz 1 GG stellt klar, ist dass das Grundgesetz nur durch ein Gesetz geändert werden darf, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich abändert. Damit wird die Änderung durch eine sog. Verfassungsdurchbrechung ausgeschlossen, also ein Gesetz, das die Verfassung ändern würde, indem es etwas postuliert, was mit der Verfassung nicht zu vereinbaren wäre.
Bei bestimmten völkerrechtlichen Verträgen genügt indes die in Art. 79 Abs. 1 Satz 2 genannte allgemeine Klarstellung. In Bezug auf ihre Frage, ist mir gegenwärtig allerdings kein Staat bekannt, mit dem "die BRD sich im Kriegszustand befindet", mit der Folge, dass eine angestrebte Friedensregelung unter Beachtung des Art.79 GG formuliert werden müsste.

Nach Abschluss des 2 + 4 Vertrages hat sich die Diskussion um einen Friedensvertrag erledigt. Bei Wikipedia finden Sie dazu eine zutreffende zusammenfassende Würdigung des Vertrages: "Unter dem Titel Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland verzichteten die „Vier Mächte“, die Hauptalliierten im Zweiten Weltkrieg, auf ihr Vorbehaltsrecht in Bezug auf Deutschland. Da der Zwei-plus-Vier-Vertrag erst 1992 nach der Ratifizierung durch alle Vertragsstaaten in Kraft trat, gaben die Vertreter Frankreichs, der Sowjetunion, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten am 2. Oktober 1990 (BGBl. II, S. 1331) in New York eine Erklärung ab, nach der ihre „Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Vereinigung Deutschlands bis zum Inkrafttreten des Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland ausgesetzt“ seien. ... Faktisch war die Annahme des Zwei-plus-Vier-Vertrages Voraussetzung der alliierten Besatzungsmächte zu deren Zustimmung zur deutschen vollständigen Souveränität, da ein Friedensvertrag nach dem Zweiten Weltkrieg nicht abgeschlossen wurde. Der Wortlaut „anstatt eines Friedensvertrages“ war allerdings nur eine Sprachregelung, um Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg nicht nachkommen zu müssen. Bei der Londoner Schuldenkonferenz 1953 wurde festgelegt, dass alle Reparationsforderungen nach einem Friedensvertrag ausgehandelt würden."

Mit freundlichen Grüßen
Büro Volker Beck