Frage an Volker Beck von Heinrich D. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Beck,
in den gestrigen Tagesthemen haben sie sich dahingehend vernehmen lassen, daß angesichts von Erfurt (gemeint war der Amoklauf) so wenig Waffen ins Volk sollten.
Diesen alten Spruch (der übrigens aus der Stasi kommt) im Zusammenhang mit der geplanten Senkung des Alters von 21 aus 18 Jahre für Sportschützen zum Erwerb bei Großkalibersportwaffen hat mich doch sehr verwundert.
Bitte nennen Sie mir den Zusammenhang.
Der Untersuchungsausschuß des Thüringer Landtags hat klar festgestellt, daß R.S. beide Waffen Illegal besaß, die Pistole hätte ihm da Ordnungsamt bereits spätestens im November 2001, also fünf Monate vor der Tat, auch nach damaliger Rechtslage abnehmen müssen.
Es ist ein Versäumnis seitens der Behörde, daß dies nicht geschehen ist.
Sehr geehrter Herr Dr. Letzing,
der Amoklauf von Erfurt hat die Diskussion um eine Verschärfung des Waffenrechts seinerzeit gewissermaßen beschleunigt. In dem im Juni 2002 beschlossenen Gesetz ist ein bedeutender Fortschritt für mehr Sicherheit gemacht worden. So wurden u.a. die Zuverlässigkeitskriterien für den Besitz von Waffen verschärft. Auch wurde die Deckungssumme für Schäden bei Personenschäden von 500.000 DM auf eine Millionen Euro erhöht.
Viele der seinerzeit im Vermittlungsausschuss eingefügten weiteren Verschärfungen des Gesetzes haben leider erst nach dem Amoklauf von Erfurt im Bundesrat die nötige Mehrheit gefunden. Insbesondere Politiker aus der Union hatten sich bis dahin stark an den Interessen der Waffenlobby orientiert. Eine der Konsequenzen der Gesetzesänderung seinerzeit war die - jetzt diskutierte - Erhöhung der Altersgrenzen für den Besitz von Waffen.
Im Rahmen der Waffengesetzänderung ist es weiter zu Einschränkungen beim Kauf von Gas- und Schreckschusswaffen gekommen. Seitdem wird beim Kauf die Waffe und der Käufer registriert. Für deren Besitz ist ein "Kleiner Waffenschein" erforderlich. Wir hatten uns darüber hinaus dafür eingesetzt, dass schon beim Kauf einer solchen Waffe ein solche Erlaubnis vorgelegt werden muss. Dies wäre eine wirksame Prävention gegen "Spontantaten" mit solchen Waffen. Dies war aber am Widerstand der Länder gescheitert. Bei ca. einer Millionen jährlich verkaufter Gas- und Schreckschusswaffen wäre der Mehraufwand für die Behörden aus unserer Sicht vertretbar gewesen, weil er mehr Sicherheit für die Menschen bedeutet.
Herrn Becks Äußerungen in den Tagesthemen ist so zu verstehen, dass die damalige Erhöhung der Altersgrenze, die Herr Schäuble jetzt wieder rückgängig machen wollte, erst durch das Entsetzen über den schrecklichen Amoklauf von Erfurt mehrheitsfähig war.
Hintergrund: Je mehr Waffen im Umlauf und je leichter der Zugang zu Waffen im Alltag sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einer eskalierenden Alltagssituation auch zum Einsatz kommen.
Ich bin aber sehr froh, dass der Bundesinnenminister auf die berechtigte Welle der Empörung in allen politischen Lagern jetzt reagiert hat und den Gesetzesvorschlag, der zu weniger Sicherheit geführt hätte, wieder zurückgenommen hat.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Volker Beck