Frage an Volker Beck von Josef R. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Beck,
im Onlinelexikon Wiki lese ich, dass sie folgende Forderung aufgestellt haben:
"Eine Entkriminalisierung der Pädosexualität ist angesichts des jetzigen Zustandes ihrer globalen Kriminalisierung dringend erforderlich, nicht zuletzt weil sie im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen aufrechterhalten wird."
- Der Pädosexuelle Komplex. Handbuch für Betroffene und ihre Gegner, Berlin/Frankfurt 1988, S. 266 und Volker Beck, Das Strafrecht ändern? Plädoyer für eine realistische Neuorientierung der Sexualpolitik. (Foerster Verlag - ISBN 3922257666 Auf einen Link zum Verlag Foerster Media möchte ich aus Jugendschutzgründen wegen der dort zu findenden Fotos verzichten). Das Buch ist mit Bildern junger Knaben in kurzen Hosen bestickt.
Um zu überprüfen, ob dieses Zitat aus dem Zusammenhang gerissen wurde, kaufte ich das Buch. Darin lese ich:
Als Etappenziel kann hier nur eine Versachlichung der Diskussion um das Problem der Pädosexualität vorgeschlagen werden. Als strafrechtliche Perspektive wäre hier z.B. eine Novellierung ins Auge zu fassen, die einerseits das jetzige "Schutzalter" von 14 Jahren zur Disposition stellt ... (Zitatende)
Dazu wollen Sie, so schreiben sie, die Schwulenbewegung benutzen:
Allein eine Mobilisierung der Schwulenbewegung für die rechtlich gesehen im Gegensatz zur Pädosexualität völlig unproblematische Gleichstellung von Homo- und Heterosexualität durch die Streichung des §175 StGB und für die Rechter der Homosexuellen wird das Zementieren eines sexualrepressiven Klimas verhindern können - eine Voraussetzung, um eines Tages den Kampf für die zumindest teilweise Entkriminalisierung der Pädosexualität aufnehmen zu können. (Zitatende).
Können Sie mir bitte mitteilen, wie Sie heute zu diesen Forderungen stehen?
Sehr geehrter Herr Raddy,
meine Position zum Themenkomplex "sexuellen Missbrauch" / Pädophilie ist wie folgt:
Seit vielen Jahren setze ich mich politisch für die Bekämpfung des sexuellen Missbrauches von Kindern und Schutzbefohlenen ein. Seit meiner Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag bin ich daher wiederholt für die Verbesserung der Rechtssituation der Opfer sexuellen Missbrauchs und für eine Schließung von Strafbarkeitslücken initiativ geworden. Bereits in meiner ersten Wahlperiode im Bundestag ab 1994 habe ich einen Vorschlag für einen eigenständigen Verbrechenstatbestand für die schweren Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 a StGB) ausgearbeitet, der von der damaligen Koalition entgegen ursprünglich anders lautender Vorstellungen auch im Sechsten Strafrechtsänderungsgesetz aufgegriffen wurde.
In meiner weiteren Arbeit im Bundestag habe ich mich zudem für eine Verjährungshemmung bei zivilrechtlichen Ansprüchen von Missbrauchsopfern eingesetzt und mit dafür gesorgt, dass Kinderpornographie und schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in den Straftatenkatalog für die Telefonüberwachung aufgenommen wurde.
Der von Ihnen angesprochene Textauszug stammt aus einem Artikel in einem Buch, das 1988 von einem Herausgeber unter Pseudonym publiziert wurde. Bereits der damalige Abdruck war nicht autorisiert und im Sinn durch eine freie Redigierung vom Herausgeber verfälscht. Dass Sie heute noch ein Exemplar des vor fast 20 Jahr erschienen Werkes im Buchhandel erstanden haben wollen, erstaunt mich allerdings.
Die Sicht auf die Pädophilie war in den 70er und 80er Jahren von einem systematischen Irrtum in weiten Teilen Sexualwissenschaft und auch Teilen der Kriminologie verstellt: Selbst Kriminologen des Bundeskriminalamtes (BKA) schlugen damals vor, zwischen gewaltlosen, angeblich "harmlosen" Sexualkontakten und gewaltförmigen, schädlichen Sexualkontakten zwischen Erwachsenen und Kindern zu unterscheiden. Diese Diskussionen wurden in dem genannten Artikel referiert.
Ich habe mich seit Ende der 80er Jahre intensiv mit den Berichten von Vereinen wie Wildwasser oder Zartbitter über die Arbeit mit Opfern sexualisierter Gewalt bzw. sexuellen Missbrauchs auseinandergesetzt. Seitdem habe ich mit Liberalisierungsüberlegungen zum Sexualstrafrecht, die über die 1994 in Deutschland erfolgte Gleichstellung von Hetero- und Homosexualität (Streichung des § 175 StGB) hinausgehen, völlig gebrochen und bin Forderungen in diese Richtung immer entgegengetreten. Mein daraus resultierendes politisches Handeln gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie habe ich eingangs geschildert.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Beck