Frage an Volker Beck von Christoph P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Beck,
ich bewundere und schätze Sie für ihre Arbeit und Ihre Leistungen bei der Integration von Ausländern.
Auch ich versuche mich (im bescheidenen privatem Rahmen) für ein besseres Verständnis für Türken und Araber einzusetzen. Da ich mich jedoch mit diesem Thema nicht ganz so gründlich auseinander gesetzt habe wie Sie bitte ich Sie mir ein paar Argumentationshilfen zu geben.
Auf einer Party habe ich mit einem anderen Gast über Moslems diskutiert und dabei betont wie sehr diese Menschen uns und unsere Kultur bereichern. Als ich jedoch nach konkreten Beispielen gesucht habe ist mir auf die schnelle nur neue Variationen von Essen (Döner, Baklava etc.) eingefallen. Was hätten Sie denn auf diese Frage geantwortet?
Das zweite Problem hatte ich als wir auf den Moscheebau und Ralph Giordano zu sprechen kamen. Wie Sie fand ich seine Argumente haltlos und fehl am Platz.
Ich wurde dann aber darauf hingewiesen, dass weder Sie noch andere Ihrer Partei gegen die Mordaufrufe an Herrn Giordana protestierten. Stimmt das?
Ich habe gleich auf der Homepage der Grünen nachgesehen und wirklich nichts gefunden, aber wahrscheinlich habe ich die Protestmitteilung übersehen. Können Sie mir den Link bitte schicken, damit ich sie und ihre Positionen auf der nächsten Feier besser verteidigen kann?
Bitte machen Sie so weiter
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Pfeifer
Sehr geehrter Christoph Pfeifer,
die Menschen, mit denen ich mich umgebe, bereichern mich auf die vielfältigste Art und Weise - unabhängig von ihrer Herkunft oder Religionszugehörigkeit. So können mich Gesprächspartner aus islamischen Ländern genauso anregen oder auch langweilen, wie Menschen, die hier geboren sind und ausschließlich christliche Wurzeln haben. Sollten Sie an Kunst interessiert sein, kann ich Ihnen als Kunsthistoriker in diesem Zusammenhang auf jeden Fall einen Besuch im *Museum für Islamische Kunst*, Bodestraße 1-3, 10178 Berlin (Mitte) ans Herz legen.
Sieht man die Religionsgeschichte als Geschichte der Suche der Menschen nach Gott, kann man dem Islam auch als Christ einige interessante Aspekte abgewinnen:
hinsichtlich seines Gottesbegriffes und seiner Vorstellung von Gebet und "Gottesdienst", bietet der Isalm nach dem Christentum der Spätantike und des Frühmittelalters eine interessante Rückbesinnung auf den Monotheismus und eine spirituellere, weniger von sakralen Ritualen geprägte, Beziehung vom
Menschen zu Gott dar.
Zu Ihrer zweiten Frage: Die Morddrohungen gegen Ralph Giordano sind ungeheuerlich und müssen strafrechtlich verfolgt werden. Ich verurteile alle Mordaufrufe, Aufrufe zur Gewaltanwendung oder Aufrufe zu irgendwelchen anderen Straftaten - egal gegen wen sie gerichtet sind und von wem sie kommen. Dies ist eine Selbstverständlichkeit für jeden Demokraten. Das sage ich als jemand, der selbst solche Drohungen und Beleidigungsschreiben so zahlreich erhält, dass man damit Ordner füllen könnte.
Zum Moscheenbau in Köln habe ich seinerzeit gegenüber der Presse folgendes erklärt:
"Die Diskussion um den Neubau der Moschee in Köln Ehrenfeld muss besonnen geführt werden. Über Herrn Ralph Giordanos Äußerungen wundere ich mich schon ein bisschen: Selbst wenn man berechtigterweise der Meinung sein kann; dass die Integration des Islam in Deutschland noch nicht erfolgreich abgeschlossen ist, so muss doch klar sein, dass die Aufnahmegesellschaft den Muslimen ein Angebot zu den gleichen Bedingungen wie Christen und Juden machen muss. Nur so wird am Ende Integration auch gelingen.
Im übrigen gilt auch für Muslime die grundgesetzlich garantierte kollektive Religionsfreiheit. Heißt konkret, dass die Muslime ihre Religion unter angemessenen Rahmenbedingungen und nicht nur in Hinterhöfen ausüben dürfen.
Ich gehe davon aus, dass im baurechtlichen Genehmigungsverfahren die Bedenken und Anregungen der betroffenen Anlieger sorgsam geprüft werden."
Mit freundlichen Grüßen
Volker Beck