Portrait von Volker Beck
Volker Beck
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Volker Beck zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Dogan A. •

Frage an Volker Beck von Dogan A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Herr Beck!

Die französische Nationalversammlung hat ein Gesetz angenommen, das die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern 1915–1917 durch die Türken unter Strafe stellt.

Wann wird in Deutschland eine entsprechende Gesetzesinitiative ergriffen, die diesen Genozid an den Armeniern durch die Türken ebenfalls unter Strafe stellt?

Die Leugung des Holocaust an den Juden durch die Hitler-Deutschen ist doch in der BRD auch unter Strafe gestellt und wir sollten doch sicherlich in Europa einheitliche Rechtsstandards anstreben, wenn es um internationale Menschenrechte geht. Oder sind Sie da ganz anderer Meinung?

Werden die Grünen darum eine Gesetzesinitiative unterstützen oder selbst ergreifen, die die Leugnung des Genozids an den Armeniern durch die Türkei unter Strafe stellt? Schließlich wurde hier eine Bevölkerungsminderheit brutal abgeschlachtet oder heimatvertrieben und der Schutz von diskriminierten Minderheiten ist doch immer ihr ganz persönliches Petitum, Herr Beck. Abertausende Armenier fanden übrigens in Ihrem schönen Köln und in Berlin eine neue Heimat im Exil und werden bestimmt auf Ihre Antwort sehnsüchtig warten.

Muss die Türkei aus Sicht der Grünen diesen Holocaust an den Armeniern denn wenigstens rechtsstaatlich anerkennen, wenn sie EU-Vollmitglied werden möchte?

Grüße!

Ihr
D. Ahmet

Portrait von Volker Beck
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Ahmet,

nach meiner Ansicht führt kein Weg daran vorbei, dass sich die Türkei ohne Tabus mit der Geschichte auseinandersetzt und den Völkermord an den Armeniern nicht weiter verdrängt.

In der letzten Wahlperiode haben alle Fraktion des Deutschen Bundestages diese Haltung in einem Entschließungsantrag - BT-Ds. 15/5689 - zum Ausdruck gebracht. Darin heißt es u.a.:

"Der Deutsche Bundestag verneigt sich im Gedenken an die Opfer von Gewalt, Mord und Vertreibung, unter denen das armenische Volk vor und während des Ersten Weltkrieges zu leiden hatte. Er beklagt die Taten der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reiches, die zur fast vollständigen Vernichtung der Armenier in Anatolien geführt haben. Er bedauert auch die unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches, das angesichts der vielfältigen Informationen über die organisierte Vertreibung und Vernichtung von Armeniern nicht einmal versucht hat, die Gräuel zu stoppen."

Diese Aussage enthält eine klare Botschaft an die Türkei, wenn sie auch leider nicht ganz so deutlich ist wie der Beschluss der französischen Nationalversammlung.

Solange die Türkei die Aufarbeitung der eigenen Geschichte mit Strafverfolgung wegen Beleidigung des Türkentums verhindert, ist sie noch nicht reif für den Beitritt. Hier muss sie parallel zu den Verhandlungen mit der EU noch erhebliche Fortschritte machen.

Mit freundlichen Grüßen
Volker Beck