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Frage von Andrea S. •

Frage an Volker Beck von Andrea S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Beck,

vielleicht haben Sie schon vom aktuellen Protest geflüchteter Menschen in München gelesen. Viele von ihnen kommen aus dem Senegal, der zu Unrecht als „Sicher“ eingestuft wird.

Da ich ihre Arbeit verfolge, weiß ich, dass sie sich gegen die pauschale Aussage so genannter „Sichererer Herkunftsländer“ einsetzen.
Vielleicht haben Sie ja einen Idee, wie sie den Protest unterstützen können?

Beste Grüße

Andrea Stickel

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Stickel,

das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten lehne ich ab, da es das individuelle Grundrecht auf Asyl aushöhlt. Auch eine weitgehend sichere Menschenrechtslage und eine äußerst geringe Anerkennungsquote sagen nichts über die individuell drohende Verfolgung aus. Daher halte ich es nicht für gerechtfertigt, die Verfahrensrechte, Rechtsschutzmöglichkeiten, sozialen und wirtschaftlichen Rechte von Asylsuchenden aus bestimmten Staaten zu beschränken.

Über diese grundsätzliche Kritik hinaus begegnet die Bestimmung von Senegal zum sicheren Herkunftsstaat erheblichen rechtlichen Bedenken. Nach den Vorgaben der EU-Verfahrensrichtlinie ist eine generelle und durchgängige Sicherheit vor Verfolgung Voraussetzung für die Einstufung; diese muss landesweit und für alle potenziell von Verfolgung betroffenen Gruppen bestehen. Das Grundgesetz macht in Art. 16a entsprechende Vorgaben. Die menschenrechtliche Situation in Senegal entspricht diesen Vorgaben jedoch nicht. Frauen werden nicht effektiv vor häuslicher Gewalt geschützt. Vergewaltigung in der Ehe ist nicht strafbar und die Genitalverstümmelung von Mädchen trotz Verbot weiterhin ohne strafrechtliche Konsequenzen praktiziert. Nach Angaben von Amnesty International wurden 2015 sieben Homosexuelle wegen gleichgeschlechtlicher Beziehungen zu Haft verurteilt. Dies hat die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage geantwortet, die ich mit meiner Fraktion eingebracht habe (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/088/1808819.pdf).

Den Protest in München kann ich daher nur begrüßen. Neben dem politischen Protest kann ich den Geflüchteten jedoch nur raten, zugleich anwaltlichen Rat zu suchen. Kontakte können Beratungsstellen vor Ort sicherlich vermitteln. Bitte richten Sie den Betroffenen meine besten Grüße aus.

Mit freundlichen Grüßen,

Volker Beck