Frage an Volker Beck von Jonas H.
Sehr geehrter Herr Beck,
wir, Schüler des Gymnasiums Holthausen, beschäftigen uns im Rahmen eines Projekts zur "Bürgerbeteiligung im digitalen Zeitalter" mit dem Portal abgeordnetenwatch.de. In diesem Zusammenhang interessiert uns, wie Sie das Portal beurteilen und, ob es Ihrer Meinung nach eine geeignete Form der Online-Demokratie darstellt. Des Weiteren hat das Thema der Abgeordnetenbestechung unser Intresse geweckt und wir würden gerne wissen, wie Sie sich zu diesem Thema positionieren und ob es Ihrem Interesse entspricht, sich für ein Gesetz zur Offenlegung der Abgeordneteneinkünfte einzusetzten, um Abgeordnetenbestechung strafbar zu machen.
Im Namen des Gymnasium Holthausens würden wir uns über eine baldige Rückmeldung freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Korbie, Viktor Köchel und Jonas Hoffmann
Sehr geehrter Herr Körbie,
sehr geehrter Herr Köchel,
sehr geehrter Herr Hoffmann,
vielen Dank für Ihre Fragen. Selbstverständlich darf und muss sich eine kritische Zivilgesellschaft auch selbst ermächtigen und für eine kritische Öffentlichkeit sorgen. Als Grüner war und bin ich stets für Transparenz und Bürger*innennähe eingetreten. Das privat organisierte und selbsternannte „Vermittlungsportal“ Abgeordnetenwatch leistet aus unserer Sicht aber keinen relevanten Beitrag zur „Bürgerbeteiligung im digitalen Zeitalter“. Problematisch ist bereits das im System Abgeordnetenwatch verankerte Narrativ, Abgeordnete würden nur durch Veröffentlichung der Anfragen, also durch öffentlichen Druck, ihren Wählerinnen und Wählern Rede und Antwort stehen. Dahinter steht unserer Meinung nach eine antiparlamentarische Grundannahme der Abgehobenheit und Entfremdung der Abgeordneten, was von antidemokratischen Kräften nur zu gerne propagiert wird. Abgeordnetenwatch ist aber nicht der einzige Draht, um Herrn Beck zu erreichen.
Insbesondere in Zeiten von Twitter und Facebook, in denen Feedback und Kommentare jederzeit und direkt bei den Abgeordneten landen, wirkt Abgeordnetenwatch als selbsternannte Zwischenstation zwischen Politik und Wahlvolk wie aus der Zeit gefallen. Herr Beck steht in Bürger*innensprechstunden regelmäßig seinen Kölner Wähler*innen Rede und Antwort. Zudem ist er gut über soziale Netzwerke erreichbar. Anfragen können zudem telefonisch, per Fax oder E-Mail an unser Büro geschickt werden. http://www.volkerbeck.de/kontakt/
Auch die Moderationspolitik des Portals ist immer wieder Anlass für Kritik.
Verweisen möchten wir auch darauf, dass Abgeordnetenwatch nicht auf „Waffengleichheit“ zwischen Kandidat*innen angelegt ist, sondern in Wahlkampfzeiten durchaus dem System folgt: Wer Geld zahlt, wird auch besser dargestellt. So wurde den Bundestagskandidat*innen im Bundestagswahlkampf 2013 angeboten, für einmalig 179 € ihre Profile als Kandidat*innen „erweitern“ zu können, also mit einem Foto, Angaben zur Biografie, politischen Zielen, weiteren Webseiten und Profilen in sozialen Netzwerken für sich zu werben. Wortwörtlich heißt es in dem Werbeangebot:
„Neben dem Foto auf abgeordnetenwatch.de erhalten Sie mit einem erweiterten Profil die Möglichkeit, sich auf den Seiten unserer Medienpartner – u.a. SPIEGEL ONLINE, Bild.de, Welt.de, taz.de und Handelsblatt Online – mit einem Foto zu präsentieren.“
Auf Anfrage stellen wir Ihnen für Ihr Schulprojekt diese E-Mail gerne zu Verfügung. http://www.volkerbeck.de/kontakt/
In der Frage der Abgeordnetenbestechung befürworteten wir Grünen den inzwischen eingeführten neuen Straftatbestandes der „Bestechlichkeit und Bestechung der Mitglieder von Mandatsträgern“ (§108e StGB) in das Strafgesetzbuch. Außerdem fordern wir Grünen, dass Nebentätigkeiten künftig auf Euro und Cent veröffentlicht werden.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg in Ihrem Projekt.
Mit freundlichen Grüßen
Team Volker Beck