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Volker Beck
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Volker Beck von Wilfried M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Beck,

zur staatl. Bewertung von "Scientology" in Deutschland hatte KELTSCH 1999 geschrieben (1), es handele sich um eine internationale Org, mit dem Hauptsitz in den USA, die den Verkauf von Persönlichkeitsentwicklung sowie Organisations- und Managementtechnik weltweit betreibe.
"Nach eingehender Untersuchung bewertete die vom Deutschen Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission "Sog. Sekten und Psychogruppen" in ihrem 1998 vorgelegten Endbericht die Organisation als verfassungsfeindliche Bestrebung mit kriminogener Struktur.
Diese Bewertung entspricht der der deutschen Sicherheitsbehörden.
Unter dem Deckmantel einer Neureligion hat die von der Enquete-Kommission als
Psychogruppe und nicht als Religionsgemeinschaft qualifizierte Organisation es bis vor kurzem verstanden, ihre wesentlichen Strukturmerkmale geschickt zu verbergen: Organisationsform und Logistik eines Wirtschaftskonzerns; Expansionsstrategie eines aggressiv operierenden Struktur vertriebs (Trainingsverkauf auf Franchisingbasis durch die Bildung von Ketten von
Subunternehmern); harte Verfahren der Menschenführung und -veränderung in der
Form des Socialengineering.
Das heißt: rücksichtsloser Einsatz von aus der Verhaltenspsychologie entlehnten Psycho- und Sozialtechniken zur Rekrutierung von Mitarbeitern, Kunden und Anhängern; Verwendung einer totalitären Organisatonstechnik zur völligen Disziplinierung und Instrumentalisierung der Mitarbeiter durch lückenlose zeitl. und örtliche Kontrolle."

Meine Fragen:
Stehen Sie und stehen die Spitzen aller deutschen Sicherheitsbehörden (nach Ihrer Kenntnis) heute noch einhellig zu dieser 1999 veröffentlichten Beurteilung?

Falls ja: Warum sorgen Sie nicht endlich für ein Verbot?

Falls nicht:
Welche nachlesbaren Überlegungen gingen einer womöglich erfolgten Neubewertung -durch wen?- voraus?

Hochachtungsvoll
Dipl. med. W. Meißner

1) auf Seite 4 hier: http://www.destruktive-gruppen-erkennen.com/kybernetische%20methode.pdf

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Meißner,

vielen Dank für Ihre Frage zu Scientology! Der Sinn von Religionspolitik ist Religionsfreiheit. Dies umfasst auch das Recht des oder der Einzelnen, sein gesamtes Leben an den Lehren ihrer/seiner Religion oder Weltanschauung auszurichten, so seltsam und absurd dies im Einzelfall auch erscheinen mag. Ein Eingreifen des Staates ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Verhalten der Gemeinschaft die fundamentalen Verfassungsprinzipien, Grundrechte Dritter und Grundprinzipien des Religionsrechts gefährdet.

Die Beurteilung von 1999, die Sie zitieren und die Anhaltspunkte enthält, dass eine Gefährdung von Verfassungsprinzipien vorliegen könnte, ist noch immer aktuell, was insbesondere durch die Tatsache zum Ausdruck kommt, dass Scientology weiterhin vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird. Auch wenn im aktuellen Verfassungsschutzbericht für 2014 festgestellt wird, dass „Aktivitäten und Anziehungskraft der [Scientology-Organisation] […] weiter rückläufig“ seien (S. 162), so gilt weiterhin der letzte Beschluss der ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder (IMK) vom 20./21.11.2008, der die verfassungsfeindliche Zielrichtung von Scientology und die Erforderlichkeit einer Überwachung bestätigt hat, weil die Programmatik und Aktivitäten von Scientology mit den Grundprinzipien der Verfassung unvereinbar seien.

Was ein Verbot betrifft: Scientology handelt als eingetragener Verein und wird deshalb nach den Vorschriften des Vereinsrechts behandelt. Dieses sieht hohe Hürden für ein Vereinsverbot vor. Nach § 3 Absatz 1 des Vereinsgesetzes sind Vereinsverbote nur zulässig, „wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, dass seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder dass er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet.“ Trotz der Überwachung durch den Verfassungsschutz konnten in den letzten Jahren jedoch keine Aktivitäten öffentlich gemacht werden, die den Maßgaben der Verbotskriterien des Vereinsrechts entsprochen hätten.

Mit freundlichen Grüßen

Team Volker Beck