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Volker Beck
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Frage von Insemarie S. •

Frage an Volker Beck von Insemarie S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Beck,

in den letzten Wochen mehren sich die Berichte über ein pädophiles Netzwerk bei den Grünen ("Stadtindianer"), das jedenfalls in der Vergangenheit ungestört sein Unwesen treiben konnte. Mehrere Betroffene haben sich mittlerweile in der Öffentlichkeit zu Wort gemeldet und von ihrem furchtbaren Martyrium berichtet. Mich macht das sehr betroffen.

Meine Frage:

Warum haben die Grünen Mitglieder mit offen pädophiler Programmatik nicht aus der Partei ausgeschlossen?

Lehnen die Grünen die Legalisierung von Sex von Erwachsenen mit Kindern ab?

Wie werden Sie als Partei den eingetretenen Schaden wieder gut machen?

Werden Sie sich bei den Opfern entschuldigen und Ihnen eine Entschädigung zahlen?

Warum ist die innerparteiliche Empörung bei den Grünen so leise, während die Grünen bei dem Missbrauchsskandal in der Katholischen Kirche sofort mit scharfer Kritik auf sich aufmerksam gemacht haben?

Danke für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Schröder-Hohensee

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Schröder-Hohensee,

jeder sexuelle Mißbrauch ist erschütternd, unabhängig davon wo und von wem er begangen wurde.
Ihre Fragen betreffen im Kern Fragen an den Bundesvorstand der Partei und nicht die Fragen des Abgeordneten. Der Bundeshauptausschuss der Grünen hat 1989 auf Antrag von Volker Beck hin folgendes klargestellt:
"Die Forderung nach einer Abschaffung des 13. Abschnitts des Strafgesetzbuches ("Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung") oder eine Streichung der §§ 174 und 176 ("Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen" und "Sexueller Missbrauch von Kindern", wie sie von Teilen der Schwulenbewegung diskutiert wird, ist für DIE GRÜNEN völlig inakzeptabel."

Seit seiner Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag ist Volker Beck wiederholt für die Verbesserung der Rechtssituation der Opfer sexuellen Missbrauchs und für eine Schließung von Strafbarkeitslücken initiativ geworden. Bereits in seiner ersten Wahlperiode im Bundestag ab 1994 hat er einen Vorschlag für einen eigenständigen Verbrechenstatbestand für die schweren Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 a StGB) ausgearbeitet, der von der damaligen Koalition entgegen ursprünglich anders lautender Vorstellungen auch im Sechsten Strafrechtsänderungsgesetz aufgegriffen wurde.

Der Bundesvorstand hat zu den von Ihnen angesprochenen Fragen folgenden Beschluss gefasst:

"Der Bundesvorstand beschließt, eine unabhängige Parteienforscherin bzw. einen unabhängigen Parteienforscher zu beauftragen.

Wir wollen genauer wissen, wie lange und in welchem Umfang Gruppen, die völlig inakzeptable pädophile Forderungen nach Straffreiheit für Sexualität von Erwachsenen mit Kindern vertreten haben, innerhalb der Partei wirken konnten. Wir wollen deren Einfluss auf das damalige Wirken der jungen Grünen Partei sowie auf andere Organisationen und Medien aufarbeiten. Die/der von uns beauftragte ParteienforscherIn soll diesen Fragen nachgehen und die Ergebnisse in einem Bericht detailliert transparent darstellen."

Der Bundesvorstand hat den Auftrag an den Parteienforscher Franz Walter vergeben.

Der Zwischenbericht von Professor Walter zeigt, dass pädophile Forderungen immer stärkeren Widerstand hervorgerufen haben. Außerdem wird klar, dass die Grünen seit Mitte/Ende der Achtziger Jahre eine klare Position gegen Missbrauch vertraten und der Bundeshauptausschuss sich 1989 aktiv von pädophilen Positionen distanziert hat. Es wird deutlich, dass der Bruch mit Forderungen von Pädophilen vor mehr als zwei Jahrzehnten stattfand.

Die Untersuchung zeigt, wie breit diese Debatten, auch über Parteigrenzen hinweg, damals geführt wurden und wie intensiv versucht wurde, solche Forderungen politisch zu verankern. Diese Versuche sind schlussendlich gescheitert.

Professor Walter weist außerdem darauf hin, dass es die GRÜNEN waren, die sich stark dafür gemacht haben, dass z.B. Vergewaltigung in der Ehe endlich unter Strafe gestellt wird und somit eine Verschärfung des Sexualstrarechts gefordert wurde. Der Paragraf 175 StGB (Homosexuelle Handlungen) wurde am 31. Mai 1994 vom Deutschen Bundestag abgeschafft - eine Forderung, für die die Grünen seit ihrer Gründung gekämpft hatten.

Zu der Frage einer Anlaufstelle hat Herr Trittin u.a. am Wochenende folgendes ausgeführt:

"Es handelt sich um Straftaten, die man nicht billigen kann. Aber die Straftaten sind doch nicht Parteistrukturen zuzuordnen, sondern Individuen. Aufgabe von Herrn Walter ist es, die Haltung der Partei zu solchen Straftaten aufzuklären. Ich kenne niemanden, der behauptet, es habe systematischen Missbrauch innerhalb der Partei der Grünen gegeben. Einzelne Grüne werden verdächtigt, Straftaten begangen zu haben. Ich halte deshalb den Weg, den wir gehen, für richtig."

Mit freundlichen Grüßen

Team Volker Beck