Frage an Volker Beck von Andreas K. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Beck,
mit Interesse verfolge ich derzeit die Diskussion um die Straffreiheit bezüglich religiöser Beschneidung. Meines bisherigen Wissens nach beabsichtigt der Bundestag die religiöse Beschneidung zu erlauben. Ich würde gerne wissen, welches Gut Sie diesbezüglich als höher werten: Das Recht des Kindes auf körperliche Unversertheit oder religiöse Freiheit?
Ich habe derzeit Probleme nachzuvollziehen, warum die religiöse Beschneidung straffrei bleiben soll. Mir geht es nicht darum, religiöse Freiheit einzuschränken. Im Gegensatz glaube ich an die Religionsfreiheit, wie sie im Grundgesetz verankert ist. Sie ist richtig und wichtig. Gleichzeitig hat jeder Mensch, ob Kind oder Erwachsener, das Recht auf körperliche Unversertheit. Was ist eigentlich, wenn ein Kind nach der Geburt beschnitten wird 20 Jahre später feststellt, dass es das nicht gewollt hat?
Mit Interesse konnte ich in der F.A.Z. einen offnen Brief namenhafter Wissenschaftler und Juristen lesen, in der sie fordern, den Kinderschutzgedanken stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Ist es nicht vielmehr sinnvoller, die Beschneidung dann als straffrei zu lassen, wenn auch das Kind mit der Beschneidung einverstanden ist? Zum Beispiel dann, wenn es im einwilligungsfähigem Alter ist? Dann würde die religiöse Freiheit und der Kinderschutzgedanke gleichermaßen beachtet. Zu dieser Frage würde mich Ihre Antwort interessieren; auf der Internetseite, auf die Sie in einer anderen Frage hingewiesen habe, konnte ich keine Antwort finden.
Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe mit besten Grüßen,
Andreas Kegel
Sehr geehrter Herr Kegel,
den von Ihnen genannten Grundrechte muss im Wege der praktischen Konkordanz zu optimaler Wirkung verholfen werden, d .h. in der Grundrechtskollision muss im Einzelfall abgewogen werden. Alle Grundrechte konkretisieren die Menschenwürde und haben einen Menschenwürdegehalt. Daher verbietet sich eine abstrakte Hierarchisierung, wie Sie sie abfragen. Sie wäre verfassungswidrig. Ich verweise dazu auf meine Antwort an Herrn Diekmannshemke vom 23.7.
Die Zirkumzision erst ab einem gewissen Alter zu gestatten (etwa ab der Religionsmündigkeit im Alter von 14 Jahren), würde ein wesentliches Problem nicht lösen: Beschneidungen, die aufgrund der Religionszugehörigkeit des Kindes bereits früher vorgenommen werden müssen, wären dann untersagt. Damit würde man diese Kinder in ihrer Religionsfreiheit massiv beschränken. Das kann also nicht die Lösung sein. Auch jüdisches Leben muss ohne generelle Strafdrohung in Deutschland wieder weiter möglich sein.
Ein Wort an alle, die zu diesem Thema hier schreiben: Abgeordnetenwatch ist kein Chat. Deshalb macht die wiederholte Neuformulierung derselben Fragen keinen Sinn. Sie werden dann mit Verweis auf diese Fragen beantwortet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Team Volker Beck