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Volker Beck
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Frage von Janine B. •

Frage an Volker Beck von Janine B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Beck,

wenn ich an politischen Diskussionen teilnehme, bekomme ich in letzter Zeit immer öfters zu hören, dass Ihre Verfassungstreue genau dann aufhört, wenn jemand eine Meinung zur Homosexualität vertritt, die nicht mit Ihrer Auffassung übereinstimmt. Da ich mir dies schwer vorstellen kann, würde ich gerne Ihre Meinung dazu hören und habe deshalb diese Frage:

Ist es aus Ihrer Sicht von der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit im Grundgesetz her gedeckt, gegenteilige Meinungen als die Ihre zur Homosexualität zu äußern: so z. B. wenn man sich für die Abschaffung der eingetragenen Lebenspartnerschaft einsetzt oder wenn man für Grundgesetzänderungen eintritt, die ausschließlich der Ehe zwischen Mann und Frau zugute kommen, oder wenn man sich für die Wiedereinführung des Unzuchtsparagraphen §175 StGB einsetzt, welcher gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen unter Strafe stellte und welcher vom Bundesverfassungsgericht als grundgesetzkonform befunden wurde?

Es geht bei der Frage nicht darum, ob Sie oder ich diese Ansichten teilen, sondern nur darum, ob solche Meinungsäußerungen aus Ihrer Sicht vom Grundgesetz her gedeckt sind.

MfG
Janine Bauer

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Bauer,

insgesamt wurden etwa 140.000 Männer nach den verschiedenen Fassungen des § 175, den sie wieder einführen möchten, verurteilt. In der Bundesrepublik sind sich inzwischen alle politischen Parteien und gesellschaftlich relevanten Gruppen einig, dass es eine Menschenrechtsverletzung war, schwule Männer bis 1994 nach dem berüchtigten Paragraphen 175 zu verurteilen, obwohl sie nichts falsch gemacht haben. Ihr vermeintliches Verbrechen war es, anders zu lieben als die Mehrheit in unserem Land. In der Bundesrepublik galt bis 1969 der von den Nazis verschärfte §175 unverändert fort. Bis zu 60.000 Männer wurden Schätzungen zu folge in den Jahren von 1945 bis 1969 auf Grund des §175 verurteilt. Der Deutsche Bundestag hat im Jahr 2000 in einer einstimmig angenommen Resolution deutlich gemacht, dass "die Verfolgung gleichgeschlechtlicher Beziehungen gegen die Europäische Menschenrechtscharta und nach heutigem Verständnis auch gegen das freiheitliche Menschenbild des Grundgesetzes verstoßen" habe. Alle Fraktionen stimmten damals bereits überein, dass "homosexuelle Bürger in ihrer Menschenwürde verletzt wurden." Diese Position ist Konsens.

Im weiteren Teil Ihrer verweisen wir auf Artikel 5 GG.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

In diesem Sinne verbleiben wir mit freundlichen Grüßen

Team Volker Beck