Frage an Volker Beck von Olvier L. bezüglich Gesundheit
Guten Tag Herr Beck.
Vor einigen Wochen spendete Herr Steinmeier von der SPD eine NIere, was kurzzeitig eine Diskussion über "Organe nur für Organspender" und der "Verpflichtung zur Organspende" entfachte.
In diversen TV-Magazinen wurde darauf hin ein richtiger "Spende-Hype" ausgerufen und an jeder Ecke wurde mal wieder für Blut-, Knochenmark- und der Registratur zur Organspende aufgerufen.
Ich habe mich sehr darüber geärgert, denn so habe ich beiläufig erfahren, dass so genannte "Risikogruppen" - unter anderem homo- und bisexuelle Menschen - von der Blut-, Organ-, Knochenmarkspenden (etc.) ausgeschlossen sind.
Mir persönlich ist es "schnurzpiepegal", welcher sexuellen Orientierung mein Spender im Falle eines Falles angehören würde - denn im Zweifelsfall bin ich glücklich, wenn es überhaupt einen Spender gibt und ich die Chance auf ein Überleben habe.
Da gehe ich das angebliche "erhöhte Risiko", dass ein HIV-Test ggf. 5 Tage einer infektion "nachhängt" und homo- bzw. bisexuelle Menschen angeblich sexuell "umtriebiger" sein sollen, gerne ein ---
Denn wer sagt mir, dass mein "hetero-Spender" letzte Nacht nicht mit seiner Bürodame essen bzw. im Rotlichtviertel unterwegs war...?
Doch so lange man in Deutschland tatsächlich noch mit geschönten Statistiken des Robert-Koch-Institutes bzw. auf Grundlage von Empfehlungen des Paul-Ehrlich-Institutes homo- und bisexuelle Menschen von der Spende ausschließt, haben wir noch eindeutig genug bzw. zu viel Blut, Organe und Knochenmark.
Oder sehe ich das falsch...?
Wie stehen Sie zu dem Thema...?
Wann werden die Grünen endlich etwas daran ändern...?
Sehr geehrter Herr Lenz,
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Es ist richtig, dass die Blutspende-Regelung vor allem daran orientiert wird, das Risiko einer Ansteckung mit HIV zu minimieren. Schwule und bisexuelle Männer sind noch immer besonders gefährdet - im Jahr 2008 entfielen 55% der Neuansteckungen mit HIV auf Männer, die mit Männern Sex hatten (MSM). Auch andere Menschen sind vom Blutspenden ausgenommen - etwa Menschen die sich in den 80iger und 90iger Jahren länger als sechs Monate in Großbritannien aufhielten oder Menschen, die das 68. Lebensjahr erreicht haben.
Ich kann verstehen, dass es als diskriminierend wahrgenommen wird, schwule und bisexuelle Männer pauschal vom Blutspenden auszuschließen. Schließlich hat die übergroße Mehrheit von ihnen ein sehr risikobewusstes Sexualverhalten. Allerdings hat nach Angaben der Deutschen Aidshilfe selbst ein monogam lebender Schwuler ein um den Faktor 100 größeres Ansteckungsrisiko als ein monogam lebender Heterosexueller.
In den USA wird aktuell eine Aufweichung diskutiert: Hier soll zukünftig der Ausschluss vom Blutspenden nur noch erfolgen, wenn in den letzten 12 Monaten Sexualkontakte zu mindestens einem anderen Mann vorlagen. In Italien gibt es die Regelung, dass statt nach der sexuellen Orientierung nach Risikoverhalten gefragt wird. Wir sollten uns die Ergebnisse dieser Praxis genau anschauen, um dann zu entscheiden, ob Änderungen hier in Deutschland möglich sind. Es bleibt aber dabei: Hauptkriterium ist es, dass Ansteckungsrisiko mit HIV zu minimieren - allerdings auf einer rationalen Grundlage und nicht auf Grund von Vorurteilen!
Mit freundlichen Grüßen
Volker Beck