Frage an Volker Beck von Konrad M. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Volker Beck,
am 05.07.2010 habe ich im Spiegel gelesen, dass in den Niederlanden minderjährige Mädchen von sogenannten Loverboys zur Prostitution getrieben werden ( http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,704727,00.html ). Die Mädchen sind teilweise erst 12 Jahre alt und es handelt sich offensichtlich auch nicht um Einzelfälle.
Mit Entsetzen musste ich aber am 07.07.2010 in der Frauenzeitschrift Emma lesen, dass dieses Problem auch in Deutschland aktuell ist. In einem Artikel über die leider kürzlich verstorbene Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig ging es auch um einen 20-Jährigen, der für türkische Zuhälter kleine Jungen angelockt und zu Päderasten gebracht hat. Früher hatte er wohl auch schon ein 12-Jähriges Mädchen vergewaltigt und auf den Strich geschickt ( http://www.emma.de/news-artikel-seiten/kirsten-heisig/ ). Auffällig war, dass der Täter auch von Frau Heisig nur 6 Monate auf Bewährung bekommen hat, obwohl er einschlägig vorbestraft war.
In der ARD-Dokumentation "Sexobjekt Kind" ( http://www3.ndr.de/sendungen/45_min/missbrauch128.html ) wurde Berlin als Magnet für Pädo-Sexuelle bezeichnet (Video-Postion 15:40), andere Großstädte in Deutschland sind aber auch betroffen.
Meine Fragen an Sie:
- Wie beurteilen Sie die Gefahr, dass wir in Deutschland niederländische Verhältnisse bekommen und die Zahl der sogenannten Loverboys und anderer Personen, die wegen sexuellen Interessen Kontakte zu Kindern sucht, weiter steigt?
- Was halten Sie von einer verstärkten Anti-Loverboy-Aufklärung an Schulen, so wie sie teilweise bereits in den Niederlanden stattfindet? Oder allgemeiner gesagt: Müsste man nicht stärker Kampagnen gegen Liebesbeziehungen zwischen Volljährigen und Minderjährigen führen, um einen Missbrauch von Kindern zu verhindern?
- Können Sie sich härtere Strafen gegen die Zuhälter von Minderjährigen vorstellen, damit z.B. eine Aussetzung zur Bewährung ausgeschlossen wird?
Mit freundlichen Grüßen, Konrad Meier
Sehr geehrter Herr Meier,
herzlichen Dank für Ihre Fragen.
Zu Ihrer ersten Frage über die Zahlen und Gefahren sogenannter „Loverboys“ liegen mir keine Erkenntnisse vor. Zu dieser Frage kann ich mich daher nicht äußern.
Ihre zweite Frage beginnt sehr speziell, wird dann jedoch sehr allgemein und leitet in ein anderes Themenfeld über. Eine Aufklärung über die Gefahren der Zwangsprostitution ist selbstverständlich sehr empfehlenswert. Sowohl in der Schule, als auch im Privaten. Das hat jedoch überhaupt nichts damit zu tun, „Liebesbeziehungen zwischen Volljährigen und Minderjährigen“ ins Visier zu nehmen und grundsätzlich zu kriminalisieren. Wenn ein 16jähriger eine 19jährige liebt oder eine 17jährige einen 20jährigen, so gibt es hiergegen nichts einzuwenden. Aufklärung ist nur bei Gefahren geboten. Und diese Gefahren müssen zunächst genau bestimmt werden. Eine Liebesbeziehung an sich ist nicht gefährlich.
Ihre dritte Frage kann ich mit „Nein“ beantworten. Zuhälterei kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden (§ 181a StGB). Zuweilen geschieht dies in Tateinheit mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) oder Jugendlichen (§ 182 StGB), wodurch sich der Strafrahmen erhöht. Wenn im Einzelfall niedrigere Strafen ausgesprochen werden, so liegt dies daran, dass die Schuld des Täters oder der Täterin nicht groß genug war, um den Strafrahmen auszuschöpfen. Dies wäre auch bei längeren Höchststrafen nicht anders. Der Schrei nach immer längeren Haftstrafen bringt niemandem etwas.
Mit freundlichen Grüßen,
Team Volker Beck